Notfallmedizin up2date 2008; 3(2): 149-171
DOI: 10.1055/s-2008-1038421
Spezielle Notfallmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die foudroyante Sepsis im Kindesalter

Markus Hufnagel, Philipp Henneke, Marcus Krüger, Reinhard Berner
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

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Kernaussagen

Epidemiologie und Bedeutung

  • Die schwere oder foudroyante Sepsis ist die systemische entzündliche Reaktion des Körpers auf eine Infektion mit Beeinträchtigung der Organfunktionen.

  • Häufigkeit und Letalität der schweren Sepsis sind in den vergangenen 20 Jahren rückläufig. Letztere liegt im Kindesalter niedriger als im Erwachsenenalter. Jenseits des Neugeborenenalters verlaufen 10 - 15 % aller Sepsis-Fälle tödlich.

  • Die meisten Fälle foudroyant verlaufender Sepsis treten im Säuglingsalter und bei Kindern mit Grunderkrankungen auf. Risikofaktoren für die Entstehung einer Sepsis sind Neugeborenenalter, Immunsuppression, Anomalien des Urogenital- oder Gastrointestinaltrakts, Vitium cordis, Verbrennung, Trauma, Wunden, Fremdkörper und lange Krankenhausaufenthalte.

  • Verschiedene Faktoren, wie Lebensalter, Co-Morbiditäten, Schweregrad der Sepsis, Anzahl der Organdysfunktionen, Infektionsfokus, Art des Infektionserregers, Zeitpunkt des Therapiebeginns und adäquate antimikrobielle Therapie haben Einfluss auf die Prognose der Sepsis im Kindesalter.

  • Das Erregerspektrum der Sepsis ist abhängig vom Alter der Patienten und der Grunderkrankung.

Pathogenese

  • Die Pathogenese der Sepsis hängt von der Virulenz des Mikroorganismus, dem Immunstatus des Wirtes und der Anwesenheit weiterer Risikofaktoren ab und ist Folge einer inadäquaten oder dysregulierten systemischen Immunantwort des Menschen auf eine Auseinandersetzung mit einem pathogenen Mikroorganismus.

  • An der heterogenen und komplexen Sepsis-Pathogenese sind folgende interagierende Faktoren beteiligt: angeborene Immunität, proinflammatorische Entzündungsreaktionen, vermehrte Koagulation und verminderte Fibrinolyse, gestörter zellulärer Metabolismus, erworbene Immundysfunktionen und Apoptose.

  • Grundlage der Zell- und Gewebeschädigung im Rahmen der Sepsis sind Endothelschädigung, Ischämie, direkte Zellzytotoxizität und vermehrte Apoptose.

Klinik und Diagnostik

  • Die Klinik der schweren Sepsis ist variabel und hängt von der Virulenz und Kolonienzahl der pathogenen Mikroorganismen, der Eintrittspforte, dem Zeitpunkt der systemischen entzündlichen Reaktion des Wirts und den Organdysfunktionen ab.

  • Hauptsymptome und Zeichen der Sepsis sind Hyperthermie (> 38,5 °C) oder Hypothermie (< 36 °C), Schüttelfrost, Tachykardie (bzw. Bradykardie im Säuglingsalter), Tachypnoe und Veränderungen der Leukozytenzahlen.

  • Ein erniedrigter Blutdruck ist ein Spätzeichen der schweren Sepsis im Kindesalter oder zeigt einen foudroyanten Verlauf an.

Therapeutisches Vorgehen

  • Frühzeitige Diagnose und frühzeitiger Therapiebeginn sind der Schlüssel zum Erfolg des Sepsis-Managements.

  • Entscheidend für die Prognose einer Sepsis, insbesondere der schweren Sepsis-Formen, ist eine frühzeitige und adäquate intravaskuläre Flüssigkeitstherapie.

  • Bei flüssigkeitsrefraktären Verläufen kommen verschiedene Vasopressiva zum Einsatz.

  • Niedrig dosiertes Hydrocortison ist beim katecholaminrefraktären septischen Schock eine Therapieoption.

  • Neben der supportiven Therapie ist der frühzeitige Einsatz antimikrobieller Substanzen lebensrettend. Bei der empirischen Auswahl der Antibiotika spielen Faktoren wie Alter des Patienten, Infektfokus, vermuteter Mikroorganismus, Immunstatus, nosokomial erworbene Infektion, lokale Resistenzlage, Gewebegängigkeit und Nebenwirkungsspektrum eine Rolle.

Literatur

Dr., DTM&H Markus Hufnagel

Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Klinik I: Allgemeine Pädiatrie und Jugendmedizin
Sektion Pädiatrische Infektiologie, Immunologie und Vakzinologie

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