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DOI: 10.1055/a-2526-1570
Künstliche Süßstoffe erhöhen kardiovaskuläres Risiko und wirken prothrombotisch (Xylitol)
Xylitol is prothrombotic and associated with cardiovascular risk.
Eur Heart J 2024;
45: 2439-2452
DOI: 10.1093/eurheartj/ehae244
Künstliche Süßstoffe sind weit verbreitete Zuckerersatzstoffe, über ihre langfristigen Auswirkungen auf das Risiko kardiometabolischer Erkrankungen ist jedoch wenig bekannt. Es gibt zunehmend epidemiologische Hinweise dafür, dass der Konsum künstlicher Süßstoffe mit nachteiligen kardiometabolischen Phänomenen wie Gewichtszunahme, Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich atherothrombotischer Komplikationen und kardiovaskulärer Mortalität, im Zusammenhang steht. Die genauen Ursachen und Stoffwechselwege bzw. Metaboliten, die zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko beitragen, sind aber bisher unklar. Kalorienarme Süßstoffe sind weit verbreitete Zuckerersatzstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln mit angeblichen gesundheitlichen Vorteilen.
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Ungezielte Metabolomikstudien wurden an über Nacht nüchtern entnommenen Plasmaproben in einer ersten Kohorte (n = 1157; Entdeckungskohorte) von bis dahin gesunden Probanden durchgeführt, bei denen kardiovaskuläre Untersuchungen durchgeführt wurden; in einer unabhängigen, nicht überlappende Validierungskohorte (n = 2.149) wurden Analysen mittels stabiler Isotopenverdünnungsflüssigkeitschromatografie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) durchgeführt und an isolierten menschlichen Blutplättchen, plättchenreichem Plasma, Vollblut und Tiermodellen die Wirkung von Xylitol auf die Blutplättchenreaktion und Thrombusbildung in vivo untersucht. In einer abschließenden Interventionsstudie wurde die Wirkung des Xylitolkonsums auf die Blutplättchenfunktion bei gesunden Freiwilligen (n = 10) untersucht.
Ergebnisse
In der ersten Kohorte (Entdeckungskohorte) wurden in den nicht zielgerichteten Metabolikanalysen zirkulierende Konzentrationen eines Polyols, das vorläufig als Xylitol bezeichnet wurde, mit dem Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse (MACE) in Zusammenhang gebracht. Die nachfolgenden LC-MS/MS-Analysen mit stabiler Isotopenverdünnung (Validierungskohorte) speziell für Xylitol (und nicht für seine Strukturisomere) bestätigten die Verbindung mit dem Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse (MACE) (drittes vs. erstes Tertil adjustiertes Hazard-Verhältnis [95%-KI], 1,57 [1,12–2,21], p < 0,01). Die ergänzenden mechanistischen Studien zeigten, dass Xylitol mehrere Indizes der Thrombozytenreaktivität und der Thrombosebildung in vivo bei Konzentrationen erhöht. In der abschließenden Interventionsstudie erhöhte der Konsum eines mit Xylitol gesüßten Getränks die Plasmakonzentrationen deutlich und verbesserte mehrere funktionelle Messwerte der Thrombozytenreaktivität bei allen Probanden.
Xylitol ist mit dem Risiko von kardiovaskulären Ereignissen verbunden. Darüber hinaus erhöht Xylitol sowohl die Thrombozytenreaktivität als auch das Thrombosepotenzial in vivo. Weitere Studien zur kardiovaskulären Sicherheit von Xylitol sind erforderlich.
Bereits zuvor waren in einer bevölkerungsbasierten prospektiven Kohortenstudie die Einnahme verschiedener künstlicher Süßstoffe (z. B. Aspartam, Acesulfam-Kalium und Sucralose) mit einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zusammenhang gebracht worden. Metaanalysen sowohl der begrenzten Anzahl kleiner randomisierter kontrollierter Studien (mittlere Nachbeobachtungszeit von nur 3 bis 6 Monaten) als auch Beobachtungsstudien mit künstlichen Süßstoffen kamen zu dem Schluss, dass kalorienarme Süßstoffe und nicht nutritive Süßstoffe nicht die beabsichtigten Vorteile bieten, sondern stattdessen mit negativen kardiometabolischen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, erhöhtem Körperfett, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Ereignissen in Zusammenhang stehen.
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Prof. Dr. med. Johannes B. Dahm, Göttingen
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Publication History
Article published online:
13 March 2025
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