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DOI: 10.1055/a-2523-4459
(Erweitertes) SHT: Zurückhaltung oder liberales Vorgehen bei Transfusionen?
Restrictive vs Liberal Transfusion Strategy in Patients With Acute Brain Injury: The TRAIN Randomized Clinical Trial.
JAMA 2024;
332: 1623-1633
DOI: 10.1001/jama.2024.20424
Sofern nicht gerade akute schwere Blutungen vorliegen, wird die Indikation zur Transfusion von Erythrozytenkonzentraten (EK) kontrovers diskutiert. Bei Patienten mit akutem Schädel-Hirn-Trauma könnte man argumentieren, dass eine großzügige Indikationsstellung der EK-Gabe die Sauerstofflieferung an das Gehirn verbessert und Hypoxämien vermeidet. Dies hat nun eine internationale Arbeitsgruppe untersucht.
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Bluttransfusionen sind nicht 100%ig risikofrei, sodass ein restriktives Vorgehen nicht unberechtigt erscheint. Für Patienten mit akuten Schädel-Hirn-Trauma (SHT) gibt es hierzu bislang keine eindeutigen Studien. Daher hat eine internationale Arbeitsgruppe zwischen September 2017 und Dezember 2022 eine randomisierte multizentrische Studie durchgeführt.
Eingeschlossen wurden 820 erwachsene Patienten mit verschiedenen Arten eines akuten SHT: traumatisch bedingt, Subarachnoidalblutungen und/oder intrazerebrale Blutungen. Der Wert auf der Glasgow Coma Scale (GCS) musste ≤ 13 liegen, die Hb-Konzentration ≤ 9 g/dl. Die Wissenschaftler wiesen die Patienten nach dem Zufallsprinzip einer von 2 Gruppen zu:
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EK-Gabe ab Hb-Konzentrationen < 9 g/dl (liberale Transfusionsstrategie, Gruppe 1, n = 397) oder
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EK-Gabe ab Hb-Konzentration < 7 g/dl (restriktive Strategie, Gruppe 2, n = 423).
Die Studienintervention lief über ≤ 28 Tage Als primären Endpunkt legten die Forscher
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den Anteil der Patienten fest, bei denen bis Tag 180 ein ungünstiges neurologisches Outcome resultierte (definiert als ein Wert auf der Glasgow Outcome Scale Extended [GOS-E] von 1–5 Punkten), vs.
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den Anteil der Patienten mit günstigem neurologischem Outcome bis Tag 180 (GOS-E 6–8).
Sekundäre Endpunkte umfassten u. a. die Überlebensrate bis Tag 28, die Dauer der Behandlung auf der Intensivstation und in der Klinik insgesamt, das Auftreten eines Organversagens (> 2 Punkte in den jeweiligen Organskalen beim Sequential Organ Failure Assessment [SOFA]) und die tägliche Flüssigkeitsbilanz.
Für die Auswertung konnten 806 Patienten herangezogen werden, 393 aus der liberal transfundierten Gruppe und 413 aus der restriktiv transfundierten Gruppe. Dabei zeigte sich ein
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signifikant höheres Risiko für eine schlechtes neurologisches Ergebnis nach 180 Tagen in Gruppe 2 (72,6%; n = 300),
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in Gruppe 1 wurde der primäre Endpunkt bei 246 Patienten (62,2%) erreicht,
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entsprechen einer Odds Ratio von 0,86 zugunsten von Gruppe 1.
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Auch wenn man das ungünstige neurologische Outcome auf 1–4 Punkte erweiterte, änderte sich das Ergebnis nicht wesentlich. In beiden Gruppen lag allerdings der Medianwert für die GOS-E bei 4. Und das Ergebnis blieb auch den meisten Subgruppen unverändert, etwa in Abhängigkeit vom Geschlecht, der Art der Blutung (akutes STH, Subarachnoidalblutung, intrazerebrale Blutung) und dem SOFA-Score.
Im Hinblick auf die sekundären Endpunkte zeigte sich kein Überlebensvorteil mit einer der beiden Strategien, in der Gruppe 1 zeichnete sich aber eine Rechtsverschiebung der GOS-E-Werte ab (positive Richtung). Die sonstigen sekundären Endpunkte unterschieden sich nicht wesentlich.
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In Gruppe 1 kam es bei 35 Patienten (8,8%) zu ≤ 1 zerebralen ischämischen Ereignis,
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in Gruppe 2 war das bei 57 Patienten (13,5%) der Fall,
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entsprechend einem relativen Risiko von 0,65 zugunsten der liberal transfundierten Gruppe.4
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Bei Patienten mit akuten Schädel-Hirn-Traumata, die bereits anämisch sind (Aufnahmekriterium Hb ≤ 9 g/dl) besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, das Ereignis mit einem einigermaßen günstigen Outcome zu überleben, wenn die Transfusionsschwelle eher liberal gehandhabt wird (9 g/dl), fassen die Autoren zusammen. Allerdings handelte es sich bei den primären Ereignissen um unterschiedliche Pathologien, obwohl die Subgruppenanalysen ähnlich ausfielen.


Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim
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Article published online:
05 March 2025
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