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DOI: 10.1055/a-2519-5023
Lange Transportwege bei intrazerebraler Hämorrhagie offenbar ungünstig
Effect of Bypassing the Closest Stroke Center in Patients with Intracerebral Hamorrhage: A Secondary Analysis of the RACECAT Randomized Clinical Trial.
JAMA Neurol 2023; (80) 1028-1036
DOI: 10.1001/jamaneurol.2023.2754
Circa 15% aller Schlaganfälle entstehen durch intrazerebrale Hämorrhagien. Hämorrhagische Schlaganfälle sind durch eine hohe Mortalität und ein hohes Ausmaß an Morbidität gekennzeichnet. Bei der Behandlung scheint eine möglichst zügige Grundversorgung und nicht das erweiterte Therapiespektrum einschließlich neurochirurgischer Maßnahmen im Vordergrund zu stehen, wie die präspezifizierte Sekundäranalyse einer randomisierten Studie aus Spanien zeigte.
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Die multizentrische RACECAT-Studie (Transfer to the closest local Stroke Center vs direct Transfer to endovascular Stroke Center of acute Stroke Patients with suspected large Vessel Occlusion in the Catalan Territory) untersuchte insgesamt 1401 Patientinnen und Patienten, die zwischen 2017 und 2020 einen Schlaganfall erlitten und bei denen der Verdacht auf den Verschluss eines großen Gefäßes bestand. Voraussetzung für den Studieneinschluss war eine geografische Lage, in der das nächstgelegene Zentrum mit Stroke Unit keine Thrombektomien durchführte. Ein Zentrum mit Thrombektomie-Möglichkeit musste aber innerhalb von 7 Stunden nach Symptombeginn erreichbar sein. Patienten in kritischem Zustand waren von der Studienteilnahme ausgeschlossen. Es erfolgte eine 1:1-Cluster-Randomisierung in eine Kontrollgruppe, in der der Transport zur nächstgelegenen Stroke Unit erfolgte, und eine Interventionsgruppe, in der die Betroffenen stattdessen in ein weiter entferntes Zentrum mit Thrombektomie-Möglichkeit gebracht wurden. Die Primäranalysen der Gesamtkohorte ergab, dass Patienten nicht von dem Transport in ein weiter entfernt gelegenes Zentrum mit Thrombektomie-Möglichkeit profitieren.
Die aktuellen Auswertungen fokussierten auf die Subgruppe von 302 Patientinnen und Patienten mit primärer intrazerebraler Hämorrhagie. Das mediane Alter betrug in dieser Kohorte 72 Jahre, und 68% waren Männer. Als primären Endpunkt definierten die Autoren das neurologische Outcome nach 90 Tagen, das anhand der modifizierten Rankin-Skala bestimmt wurde (mRS 0: keine Symptome, mRS 6: Tod). Zu den sekundären Endpunkten zählten die 90-Tages-Mortalität, die Volumenzunahme der intrazerebralen Hämorrhagie sowie die Rate der klinischen Komplikationen während des Transports.
Ergebnisse
Patienten der Gruppe, die in das nächstgelegene Krankenhaus mit Stroke Unit gebracht wurden, erreichten dieses im Median 94 Minuten nach Symptombeginn. Demgegenüber betrug die Zeitspanne bis zur Ankunft in einer Klinik mit erweiterten therapeutischen Möglichkeiten im Median 135 Minuten (mittlere Differenz 46,8 Minuten, 95%-KI 14,0–80,8). 22,4% der Patienten wurden sekundär aus der nächstgelegenen Stroke Unit in ein größeres Zentrum gebracht. Der primäre Transfer in ein Stroke-Zentrum mit Throbektomie-Möglichkeit war mit einem signifikant schlechteren funktionellen Ergebnis nach 90 Tagen assoziiert (mittlerer mRS 4,93 versus 4,66; OR 0,63; 95%-KI 0,41–0,96). Darüber hinaus ergaben sich Hinweise auf eine höhere 90-Tages-Mortalität (48,9% versus 37,6%; HR 1,40; 95%-KI 0,99–1,99). Während des primären Transports in ein weiter entfernt gelegenes Zentrum traten signifikant häufiger medizinische Komplikationen auf (22,6% versus 5,6%; OR 5,29; 95%-KI 2,38–11,73). Im Einzelnen kam es während des Transports in der Patientengruppe, die zu einem weiter entfernten Zentrum gebracht wurde, häufiger zu Erbrechen (12,8% versus 1,9%), einer Verschlechterung des neurologischen Zustandes (5,3% versus 0,6%) sowie einer Verschlechterung des Bewusstseins (8,3% versus 3,7%) und es wurde häufiger eine endotracheale Intubation vorgenommen (3% versus 0,6%). Im weiteren Verlauf traten dann in dieser Gruppe signifikant häufiger Pneumonien auf als in der Vergleichsgruppe (35,8% versus 17,6%; OR 2,61; 95%-KI 1,53–4,44).
Die Ergebnisse der aktuellen Sekundäranalyse der RACECAT-Studie unterstreichen die Ergebnisse der Primärauswertungen: Patienten mit schwerem zerebralem Insult profitieren nicht generell von einem direkten Transport in ein größeres Stroke-Zentrum mit erweiterten therapeutischen Möglichkeiten. Die Gruppe der Patienten mit hämorrhagischem Schlaganfall hatte sogar prognostische Nachtteile, die möglicherweise durch vermehrte Komplikationen während der langen Transportwege entstehen, so die Autoren.
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Dr. med. Katharina Franke
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Publication History
Article published online:
26 February 2025
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