Kardiologie up2date 2025; 21(01): 41-65
DOI: 10.1055/a-2384-8004
Chronische Herzinsuffizienz und Herzmuskelerkrankungen

Hypertrophe Kardiomyopathie

Josef Veselka
,
Marcus Franz
,
Karim Ibrahim
 

Die hypertrophe Kardiomyopathie hat Generationen von Kardiologen wegen des erhöhten Risikos eines plötzlichen Herztods und einer Herzinsuffizienz vor Herausforderungen gestellt. Typisch für die HCM ist, dass die meisten Patienten sich ihrer Krankheit nicht bewusst sind und entweder keine Symptome haben oder sich an dieselben gewöhnt haben. Moderne Therapiemethoden helfen im Umgang mit Kardiomyopathien und sind in den aktuellen Leitlinien veröffentlicht worden.


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Abkürzungsverzeichnis

ASA: Alkohol-Septum-Ablation
CMI: kardiale Myosininhibitoren
HCM: hypertrophe Kardiomyopathie
HOCM: hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
ICD: implantierbarer Kardioverter-Defibrillator
IVS: interventrikuläres Septum
LGE: späte Gadoliniumanreicherung (Late Gadolinium Enhancement)
LVH: linksventrikuläre Hypertrophie
LVOT-G: Gradient des linksventrikulären Ausflusstrakts
SAM: systolische anteriore Bewegung
SCD: plötzlicher Herztod
TDI: Gewebe-Doppler-Echokardiografie (Tissue Doppler Imaging)


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Einleitung

Die Heimtücke der Krankheit besteht darin, dass ihr erstes Symptom der plötzliche Tod (SCD) sein kann. Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste Ursache für den SCD bei jungen Menschen.

Zwei Drittel der HCM-Patienten weisen neben der Hypertrophie eine intraventrikuläre Obstruktion auf (HOCM: hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie). Dieses Phänomen ist wesentlich für die Festlegung des therapeutischen Managements der Erkrankung.

Der therapeutische Ansatz bei HCM hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Während man früher davon ausging, dass die Prognose der Patienten sehr schlecht sei (jährliche Mortalität bis zu 6%), wurde mit dem Fortschritt der Forschung klar, dass nur ein kleiner Teil der HCM-Patienten eine derartig ungünstige Prognose hat. Nach und nach wurde ein invasiver Ansatz zur Behandlung der linksventrikulären Obstruktion eingeführt, sodass heute Patienten entweder durch kardiochirurgische Eingriffe (Myektomie) oder durch Katheterisierung (Alkohol-Septum-Ablation) behandelt werden können.

Merke

In den letzten 3 Jahren wurden mehrere Studien mit einer neuen Klasse von Arzneimitteln – kardialen Myosininhibitoren (CMI) – veröffentlicht. Diese reduzieren die Kontraktilität und verringern die Obstruktion im linken Ventrikel.

Dies wurde mit erheblichen Verbesserungen der kardiovaskulären Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität bei symptomatischen Patienten mit Obstruktion in Verbindung gebracht.

Eine weitere wichtige Veränderung im Umgang mit HCM ist die Empfehlung zur moderaten Aktivität, da wir in diesem Zusammenhang kein erhöhtes Risiko eines plötzlichen Herztodes mehr befürchten.

Aus diesen Gründen wurden die europäischen Leitlinien für die Behandlung von Kardiomyopathien im Jahr 2023 und die amerikanischen Leitlinien für die Behandlung von HCM im Jahr 2024 veröffentlicht. Der vorliegende Text stützt sich auf diese modernen Leitlinien.


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Merkmale und Vorkommen

Die HCM ist eine teilweise genetisch bedingte Herz-Kreislauf-Erkrankung, die durch eine ungeklärte Myokardhypertrophie, insbesondere des linken Ventrikels, gekennzeichnet ist. Die Prävalenz der HCM wird auf 1 : 200 bis 1 : 500 Personen in der Allgemeinbevölkerung geschätzt, was etwa 2–5‰ entspricht. Dennoch wird die HCM in der klinischen Praxis häufig unterdiagnostiziert, und symptomatische Fälle sind weniger häufig als asymptomatische Formen.

Die tatsächliche Prävalenz der HCM bei Kindern ist unklar, aber bevölkerungsbezogene Register berichten von einer Prävalenz von etwa 0,3–0,5 pro 100000 Kinder. Die meisten Studien deuten auf eine niedrigere Prävalenz der HCM bei Kindern als bei Erwachsenen und eine geringere Prävalenz der Erkrankung bei Männern hin. Dieser Unterschied könnte mit dem natürlichen Verlauf der HCM zusammenhängen, bei dem sich die Krankheit bei Männern früher und stärker manifestiert als bei Frauen. Die Krankheit betrifft Menschen aller Ethnien und auf allen Kontinenten. Frauen werden häufig später diagnostiziert als Männer und Weiße später als Menschen schwarzer Hautfarbe, was auf Unterschiede im Phänotyp der Krankheit in verschiedenen Bevölkerungsgruppen sowie auf Unterschiede in der Vorgehensweise bei der Diagnose zurückzuführen sein könnte.

Neben der HCM gibt es auch andere Erkrankungen, die den Phänotyp der HCM nachahmen können. In der klinischen Routine können bspw. die linksventrikuläre Hypertrophie (LVH) und das Septum sigmoideum bei älteren Patienten fälschlicherweise für HCM gehalten werden. Bei jüngeren Patienten, insbesondere bei Spitzensportlern, kann eine leichte linksventrikuläre Hypertrophie Teil des sog. „Sportlerherzens“ sein.

Merke

Die Unterscheidung dieser Erkrankungen von der tatsächlichen HCM ist oft schwierig und erfordert eine sorgfältige Auswertung der klinischen und bildgebenden Befunde.

Syndromale und infiltrative Erkrankungen wie RASopathien (Mutationen in Genen, die an der RAS-MAPK-Signalübertragung beteiligt sind), mitochondriale Myopathien, Morbus Fabry, Amyloidose, Sarkoidose und Danon-Kardiomyopathie können eine HCM imitieren. Obwohl das Ausmaß und die Verteilung der linksventrikulären Wandverdickung der HCM ähnlich sein können, sind die pathophysiologischen Mechanismen, der natürliche Verlauf und die therapeutischen Strategien bei diesen Erkrankungen unterschiedlich. Daher werden diese systemischen Erkrankungen, die eine LVH verursachen können, in diesem Übersichtsartikel nicht im Detail behandelt.

Der hier vorliegende Text befasst sich auch nicht mit der HCM bei Kindern, die ihre eigenen, spezifischen Aspekte hat und einen besonderen Ansatz bei der Diagnose und Behandlung erfordert.


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Definition

Die HCM ist definiert als ungeklärte LVH mit einer Wanddicke von ≥ 15 mm, die nicht durch eine erhöhte Nachlast, wie z. B. Aortenstenose oder arterielle Hypertonie, verursacht wird. Bei Verwandten 1. Grades von Patienten mit HCM gilt eine linksventrikuläre Wanddicke von nur 13–14 mm als pathologisch, insbesondere, wenn ein positiver genetischer Test vorliegt, der eine für HCM spezifische pathogene oder wahrscheinlich pathogene Mutation identifiziert.

Die Diagnose einer HCM wird in der Regel anhand klinischer und bildgebender Kriterien gestellt. Obwohl die LVH das Hauptmerkmal der Erkrankung ist, sollte die HCM nur diagnostiziert werden, wenn keine andere systemische Erkrankung vorliegt, die eine LVH verursachen könnte, wie z. B. eine Amyloidose oder Stoffwechselerkrankung ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Signifikante Hypertrophie des linken Ventrikels, hauptsächlich im Bereich des Septums.

Einer der wichtigsten Aspekte der HCM ist das Vorhandensein einer linksventrikulären Obstruktion ([Abb. 2]) und ([Abb. 3]).

Merke

Die Obstruktion liegt bei etwa einem Drittel der Patienten in Ruhe vor, bei einem weiteren Drittel tritt sie bei Belastung oder im Rahmen von Provokationsmanövern auf.

In den meisten Fällen ist die Obstruktion im linksventrikulären Ausflusstrakt lokalisiert, während eine mittventrikuläre Obstruktion seltener vorkommt. Eine Obstruktion gilt als signifikant, wenn ein maximaler Gradient von ≥ 30 mmHg vorhanden ist. Dieser Zustand erfüllt die Kriterien für eine hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM).

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Abb. 2 Transthorakale Echokardiografie. Systolische anteriore Bewegung, bei der das vordere Segel der Mitralklappe fast das Septum berührt, wodurch eine subaortale Obstruktion entsteht (Pfeil).
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Abb. 3 Transthorakale Echokardiografie. Mittventrikuläre Obstruktion (Pfeil), bei der sich der linksventrikuläre Hohlraum in einen apikalen und einen Ausflusstrakt teilt.

Zusätzlich zur LVH können Patienten mit HCM verschiedene morphologische Anomalien aufweisen, wie z. B. eine verlängerte Mitralklappe, linksventrikuläre Krypten, abnormal lokalisierte Papillarmuskeln, längere Chordae tendineae oder deren Fehlen, was zu einer direkten Insertion der Papillarmuskeln in die Mitralklappe führt. Rechtsventrikuläre Hypertrophie und Muskelbrücken sind weitere Befunde, die vorhanden sein können, aber keine dieser Anomalien gilt als pathognomonisch für HCM und fällt daher nicht direkt unter die Definition.

Merke

Die Diagnose einer HCM wird anhand der Verdickung der linksventrikulären Wand gestellt, ohne, dass eine erhöhte Nachlast vorliegt, die zu einer LVH führen könnte.


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Ätiologie

Ursprünglich ging man davon aus, dass es sich bei der HCM um eine monogene Krankheit mit autosomal-dominantem Erbgang handelt, doch zeigen aktuelle Untersuchungen, dass bei weniger als der Hälfte der Patienten eine genetische Ursache festgestellt wird. Derzeit ist vieles über die komplexe genetische Grundlage der HCM bekannt, wobei Mutationen in den Genen MYH7 (schwere Beta-Myosinkette) und MYBPC3 (myosinbindendes Protein C) am häufigsten identifiziert werden und bei etwa 50–70% der Patienten mit genetisch bestätigter HCM die pathophysiologische Grundlage bilden. Andere Mutationen in Genen für sarkomerische Proteine – Troponin (TNNI3, TNNT2), Tropomyosin (TPM1), leichte Myosinkette (MYL2, MYL3) – sind weniger häufig.

Die Mutationen, die HCM verursachen, führen zu einer Störung der Struktur und Funktion von Sarkomerproteinen, was wiederum eine Hypertrophie des Herzmuskels zur Folge hat. Der genaue Mechanismus, durch den die Mutationen die LVH verursachen, bleibt jedoch unklar. Es hat sich gezeigt, dass Patienten mit einer pathogenen oder wahrscheinlich pathogenen Mutation einen schlechteren Krankheitsverlauf haben und möglicherweise ein höheres Risiko für den SCD aufweisen als Patienten ohne identifizierte Mutation.

Bei einigen Patienten wird trotz umfassender genetischer Tests keine Mutation in den bekannten HCM-assoziierten Genen gefunden. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Umgebungsfaktoren, epigenetische Mechanismen oder Wechselwirkungen mit anderen genetischen Varianten eine Rolle spielen können.

Merke

Die Beziehung zwischen Genotyp und Phänotyp bei HCM ist noch nicht ausreichend untersucht worden.


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Pathologie

Die HCM ist eine sehr heterogene Erkrankung, sowohl in Bezug auf den Genotyp als auch den Phänotyp. Die LVH kann verschiedene Regionen des Herzmuskels betreffen, wobei das interventrikuläre Septum (IVS) und die Vorderwand des linken Ventrikels am häufigsten betroffen sind. Die linksventrikuläre Wandverdickung beträgt ≥ 15 mm, es gibt jedoch auch Patienten mit einer Wanddicke von > 30 mm ([Abb. 4]). Neben der LVH können auch andere pathologische Veränderungen auftreten, wie z. B. eine mikrostrukturelle Veränderung des Herzmuskels, die als „Myozyten-Disarray" bekannt ist und häufig mit einer verstärkten Fibrose im Myokard einhergeht ([Abb. 5]).

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Abb. 4 Querschnitt durch das Herz mit ausgeprägter linksventrikulärer Hypertrophie und kleinem linksventrikulärem Hohlraum.
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Abb. 5 Das mikroskopische Bild zeigt eine „myocardial disarray“, bei dem die Herzmuskelfasern völlig unregelmäßig sind und auch eine unregelmäßige Form haben. Zwischen den Muskelzellen befinden sich hellere Fibrosebereiche (Hämatoxylin-Eosin, 100-fache Vergrößerung).

Eine Hypertrophie des IVS kann zusammen mit dem Mitralapparat zu einer subaortalen Obstruktion führen, die ein charakteristisches Merkmal von Patienten mit HOCM darstellt. Eine Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts tritt auf, wenn das vordere Segel der Mitralklappe während der Systole mit dem Septum interferiert, wodurch eine dynamische Obstruktion des Blutausflusses entsteht. Dieses Phänomen wird als systolische anteriore Bewegung (SAM: Systolic Anterior Motion) der Mitralklappe bezeichnet. Andere Anomalien wie eine Verlängerung (beider) Mitralklappensegel, hypertrophe Papillarmuskeln oder linksventrikuläre Krypten können bei einigen Patienten mit HCM gefunden werden. Diese Veränderungen können zu hämodynamischen Störungen beitragen, aber keine dieser Anomalien ist per se pathognomonisch für die HCM. Auch das Vorhandensein von SAM impliziert nicht die Diagnose einer HOCM ohne das gleichzeitige Vorliegen einer LVH.


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Pathophysiologie

Bei der HCM kommt es oft zu einer vermehrten Bildung von Bindegewebe (Fibrose) im Herzmuskel. Dieses Bindegewebe ist weniger elastisch als gesundes Muskelgewebe und kann die normale Diastole des Herzens stören. Es kann dazu führen, dass die linksventrikuläre diastolische Dysfunktion das 1. Anzeichen der HCM ist und bei ausgeprägter LVH regelhaft nachgewiesen werden kann.

Merke

Durch die linksventrikuläre diastolische Dysfunktion kommt es konsekutiv zu einem Druckanstieg im linken Vorhof und in den Lungenvenen und damit zur Ausbildung von Symptomen einer Herzinsuffizienz wie Kurzatmigkeit.

Die linksventrikuläre diastolische Dysfunktion, die zu hohen Vorhofdrücken führt, spielt auch eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Vorhofflimmern, einer häufigen Arrhythmie bei Patienten mit HCM.

Weiterhin kann es bei Patienten mit signifikanter LVH und gleichzeitig bestehendem kleinen linken Cavum zu einem niedrigen Schlagvolumen kommen, was das Herzzeitvolumen verringert. Im Laufe der Zeit kann es dann zu einer Verringerung der primär erhöhten Kontraktilität kommen, was zu einer linksventrikulären systolischen Insuffizienz führen kann („burned-out“-Phase, die linksventrikuläre Ejektionsfraktion ist ˂50%).

Myokardiale Ischämie ist ein weiteres häufiges Merkmal der HCM, jedoch unterscheidet sich die Ätiologie dieser ischämischen Episoden von der durch eine Koronarerkrankung verursachten Ischämie. Bei der HCM sind diese Ischämien häufig das Ergebnis der LVH, die das Verhältnis von Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot zugunsten des Verbrauchs erhöht. Es gibt auch eine mikrovaskuläre Dysfunktion, verursacht durch eine Verengung mit gleichzeitiger Herabsetzung der Durchlässigkeit der Arteriolen. Patienten mit HCM und unauffälligen Herzkranzgefäßen können daher ebenso an typischer Angina pectoris leiden. Die Bedeutung der Muskelbrücken, die zu einer systolischen Kompression der Koronararterien führen, ist nach wie vor unklar, könnte aber bei einigen HCM-Patienten an den Ischämiesymptomen beteiligt sein.

Die Ausprägungen der Obstruktionen bei HCM sind mannigfaltig. Diese können sowohl subaortal mit Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT) als auch mittventrikulär oder beide auftreten. Die Obstruktion des LVOT kann extreme Ausmaße annehmen, mit linksventrikulären Druckgradienten (LVOT-G) sogar zwischen 100–200 mmHg. Eine mittventrikuläre Obstruktion ist seltener, kann aber gleichzeitig mit einer subaortalen Obstruktion vorhanden sein. Dieses Phänomen kann zu einer vollständigen Obliteration des linken Ventrikels in der Mittelsystole und zu einer Teilung des linken Ventrikels in einen apikalen und einen Ausflusstrakt führen.

Provokationsmanöver wie die Verabreichung von Nitraten (z. B. sublinguales Nitroglycerin) oder das Valsalva-Manöver können eingesetzt werden, um eine Obstruktion zu aggravieren und klinisch manifest werden zu lassen. Der häufigste und physiologischste Test ist jedoch die Stressechokardiografie.

Praxistipp

Hierbei wird heute empfohlen, keine pharmakologische, sondern eher eine dynamische (z. B. fahrradergometrische Belastung) Stressechokardiografie durchzuführen, da erstere eine geringe Spezifität für den Nachweis einer hämodynamisch signifikanten Obstruktion aufweist.


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Klinisches Bild

Symptome

Die meisten HCM-Patienten sind asymptomatisch oder haben im Laufe ihres Lebens nur leichte Symptome. Symptomatische Patienten leiden in der Regel unter Dyspnoe, die durch eine linksventrikuläre diastolische Dysfunktion verursacht wird. Diese Dyspnoe kann von schwankender Intensität sein und verschlimmert sich eher in den heißen Sommermonaten, wenn die Patienten unter peripherer Vasodilatation, Dehydratation und Tachykardie leiden. Bei einigen Patienten kann auch Angina pectoris auftreten, die in der Regel nicht auf eine koronare Herzkrankheit zurückzuführen ist. Ist die Angina jedoch das einzige Symptom, ist es ratsam, eine Untersuchung der Koronararterien durchzuführen, um eine koronare Erkrankung sicher auszuschließen.

Merke

Subjektiv empfundene Palpitationen sind häufig auf Vorhofflimmern zurückzuführen, der häufigsten Arrhythmie bei Patienten mit HCM.

Das erhöhte Risiko ventrikulärer Arrhythmien sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, insbesondere, wenn die Palpitationen von Synkopen oder Präsynkopen begleitet werden. Daher sollten immer ergänzende Untersuchungen wie ein Langzeit-EKG oder andere Formen der Rhythmusüberwachung (Wearables usw.) erfolgen.

Patienten mit einer milden Form der HCM können lebenslang asymptomatisch bleiben. Leider kann das 1. Symptom bei einigen Patienten sogar ein SCD sein, was die Notwendigkeit einer sorgfältigen Risikostratifizierung auch bei asymptomatischen Personen unterstreicht.


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Verlauf der Krankheit

Die schlechteste Prognose haben Patienten, bei denen die HCM im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert wird. Dieser Zeitraum gilt als Hochrisikoperiode, insbesondere wegen der höheren Wahrscheinlichkeit eines SCD während der Pubertät. Das Risiko eines SCD bei diesen Patienten wird vorübergehend auf etwa 1–2% pro Jahr geschätzt und nimmt dann mit dem Alter allmählich ab. Im 7. Lebensjahrzehnt ist das SCD-Risiko dann wieder mit jenem der Allgemeinbevölkerung vergleichbar.

Der Verlauf der HCM-Erkrankung ist sehr heterogen und das Risiko für einen SCD in der allgemeinen Population von HCM-Patienten liegt bei etwa 1% pro Jahr. Etwa 10–20% der Patienten haben aufgrund des Vorliegens mehrerer Risikofaktoren ein höheres Risiko für einen tödlichen Herzstillstand. Umgekehrt erreichen mindestens 20% der HCM-Patienten ein Alter von ≥ 70 Jahren ohne größere Komplikationen. Der Krankheitsverlauf und die Schwere der Erkrankung werden also stark von individuellen Risikofaktoren beeinflusst, zu denen sowohl genetische Prädispositionen als auch andere klinische Merkmale gehören, die auf die Entwicklung einer Herzinsuffizienz oder eines plötzlichen Todes hinweisen.

Die HCM kann sich auch später im Leben manifestieren, manchmal im 5. oder 6. Lebensjahrzehnt und auch relativ schnell innerhalb weniger Jahre. Aus diesem Grund ist es wichtig, Verwandte 1. Grades von Patienten mit HCM regelmäßig zu überwachen.

Im höheren Alter ändern sich sowohl die Morphologie der Erkrankung als auch ihr prognostischer Schweregrad. Patienten im fortgeschrittenen Alter haben oft eine mildere Form der LVH, die überwiegend im basalen Segment des IVS lokalisiert ist. Die Untersuchung ihres Genotyps zeigt auch häufiger das Fehlen pathogener Mutationen in sarkomerischen Genen, was darauf hindeuten könnte, dass andere Faktoren als die Genetik (Bluthochdruck) zur Entwicklung der Krankheit in dieser Patientengruppe beitragen.


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Diagnostik

Wird der Patient aufgrund von Symptomen wie Dyspnoe, Brustschmerzen, Herzklopfen oder Synkopen vorgestellt, ist die Diagnose einer HCM in der Regel relativ einfach und schnell zu stellen.

Merke

Der grundlegende diagnostische Ansatz umfasst eine sorgfältige Bewertung der klinischen Symptome, eine körperliche Untersuchung, ein EKG (inkl. 24-h-Langzeit-EKG) und bildgebende Verfahren, insbesondere die Echokardiografie.

[Abb. 6] zeigt die Komplexität des Diagnose- und Behandlungsprozesses bei HCM-Patienten.

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Abb. 6 Algorithmus für die Diagnose und Therapie der hypertrophen Kardiomyopathie.

Differenzialdiagnose

Praxistipp

Zwei Schlüsselbefunde, die bei der Differenzialdiagnose helfen

  1. Systolisches Geräusch im Präkordium, das dem Geräusch bei Aortenstenose ähneln kann, aber normalerweise nicht in die Karotiden fortgeleitet wird. Dieses Geräusch wird durch eine subaortale Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts verursacht und kann sich mit der Körperposition oder hämodynamischen Veränderungen (z. B. während des Valsalva-Manövers) ändern.

  2. Pathologisches EKG, meist mit LVH-Befunden, pathologischen Q-Zacken und Repolarisationsstörungen, die auch einen Myokardinfarkt vortäuschen können.

Ähnliche Befunde finden sich bei Patienten mit Aortenstenose, die vor allem bei älteren Patienten die häufigste differenzialdiagnostische Herausforderung darstellt. Eine angeborene Aortenstenose oder eine subaortale Stenose sind relativ selten, müssen aber ebenfalls in Betracht gezogen werden, insbesondere bei jüngeren Patienten.

Merke

Andere Ursachen für eine LVH sollten diagnostisch abgegrenzt werden. Die häufigsten Ursachen sind Hypertonie oder Aortenklappenvitien, aber auch Amyloidose, die zu einem ähnlichen Hypertrophie-Phänotyp führen kann.

Ein eigenes Kapitel ist die Unterscheidung des „Sportlerherzens“ bei Spitzensportlern, das durch das junge Alter der Patienten und hervorragende Parameter der diastolischen Funktion des linken Ventrikels gekennzeichnet ist. Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Sportlerherz und der HCM besteht darin, dass Sportler in der Regel keine pathologischen Veränderungen im EKG aufweisen, sich die Hypertrophie nach Beendigung intensiver Belastung zurückbildet und eine ausgezeichnete diastolische Funktion des linken Ventrikels vorliegt.

In der klinischen Praxis ist es außerdem wichtig, sich auf Situationen zu konzentrieren, in denen ein asymptomatischer Patient ein erhöhtes HCM-Risiko aufweist. In diesen Fällen ist es wichtig, eine detaillierte Untersuchung durchzuführen, insbesondere wenn die folgenden Risikofaktoren vorliegen:

  • positive Familienanamnese in Bezug auf HCM

  • plötzlicher Herztod bei Eltern oder Geschwistern im Alter von < 60 Jahren

  • systolisches Herzgeräusch im Präkordium

  • LVH oder andere pathologische Befunde im EKG

Bei Familienmitgliedern mit erhöhtem genetischem Risiko (z. B. bei positivem genetischem Test) muss eine regelmäßige Nachsorge empfohlen werden, auch wenn keine Symptome vorliegen.


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Körperliche Untersuchung

Bei der körperlichen Untersuchung von HCM-Patienten finden wir entweder völlig normale Befunde oder relativ diskrete pathologische Veränderungen. Das Vorhandensein eines systolischen Geräusches im Bereich der Aorta ist üblich. Oft ist es nicht möglich, die HOCM allein anhand des auskultatorischen Befundes von einer Aortenstenose zu unterscheiden, aber bei der HOCM liegt das Maximum des Geräusches nicht oberhalb der Aorta (rechts vom oberen Sternum), sondern meist im mittleren Sternum oder sogar links parasternal des mittleren Sternums und wird nicht wesentlich in die Karotiden fortgeleitet. In einigen Fällen ist das laute systolische Geräusch oberhalb der Karotiden überhaupt nicht nachweisbar.

Merke

Das systolische Geräusch an der Herzspitze ist auf eine Mitralinsuffizienz zurückzuführen.

Anzeichen einer Herzinsuffizienz verändern den Befund nicht nur bei Patienten mit schneller Herzfrequenz, meist bei Vorhofflimmern, sondern auch bei Patienten mit fortgeschrittenem LV-Remodeling. In diesem Fall unterscheiden sich die körperlichen Befunde nicht wesentlich von dem üblichen Bild einer Herzinsuffizienz mit Lungenstauung, erhöhter Jugularvenenfüllung, Hepatomegalie, Aszites und Ödemen der unteren Extremitäten.


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Elektrokardiografie

Die Elektrokardiografie (EKG) ist nach wie vor die häufigste und wichtigste kardiologische Untersuchung bei Patienten mit HCM. Der Hauptgrund dafür ist, dass die meisten Patienten mit fortgeschrittenem Phänotyp der HCM bei der EKG-Untersuchung Anomalien aufweisen. EKG-Veränderungen können der Entwicklung der Hypertrophie vorausgehen, sodass die Krankheit auch in früheren Stadien diagnostiziert werden kann. Typische EKG-Befunde finden sich bei bis zu 75–90% der Patienten mit HCM.

Die meisten Patienten mit HCM haben einen Sinusrhythmus, aber Patienten mit fortgeschrittenen Formen der Krankheit haben häufig Vorhofflimmern, das mit einer schlechteren Prognose verbunden ist. Vorhofflimmern kann mit einem Fortschreiten der Herzinsuffizienz und einem erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse verbunden sein.

Das Wolff-Parkinson-White-Syndrom kann bei einigen Patienten mit HCM-Phänomenen, wie dem PRKAG2-Syndrom, auftreten und ist durch ein verkürztes PR-Intervall und eine Deltawelle gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu sind niedrige QRS-Komplex-Spannungen und ein kurzes PR-Intervall charakteristisch für Patienten mit Amyloidose, die phänotypisch eine HCM imitieren kann.

Zusatzinformation

Typische EKG-Abnormitäten bei Patienten mit HCM

  • Anzeichen der LVH: Etwa zwei Drittel der Patienten mit fortgeschrittener HCM weisen LVH-Kriterien auf, aber diese korrelieren nicht mit dem Ausmaß der LVH ([Abb. 7]).

  • Fehlen positiver R-Zacken oder deren langsamer Anstieg in den rechts präkordialen Ableitungen (V1–V3). Diese Veränderungen können den Zustand nach einem Vorderwandmyokardinfarkt imitieren und Patienten können mit der Fehldiagnose eines Myokardinfarkts vorstellig werden, ohne jemals an Angina pectoris gelitten oder einen Infarkt gehabt zu haben.

  • Pathologische Q- oder QS-Zacken: Sie können sowohl in der Vorderwand als auch in der Hinterwand (inferior) auftreten. Die Ursachen dieser Oszillationen sind noch nicht vollständig geklärt, werden aber bei Patienten mit HCM häufig festgestellt.

  • ST-T-Segment-Veränderungen: Diese Veränderungen sind sehr häufig und treten bei fast allen HCM-Patienten auf. Typisch ist eine absteigende oder horizontale Depression des ST-Segments in den Ableitungen V3–V6, gefolgt von einer negativen T-Welle. Tiefe negative T-Wellen sind besonders typisch für die apikale Form der HCM ([Abb. 7]).

  • Für die Zukunft wird ein breiterer Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Auswertung von EKG-Wellenformen erwartet. Künstliche Intelligenz könnte den Beitrag von EKGs zur Diagnose und Prognoseeinschätzung einzelner Patienten erhöhen, insbesondere bei Patienten, die asymptomatisch sind oder weniger typische Manifestationen der HCM aufweisen.

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Abb. 7 EKG mit Anzeichen einer linksventrikulären Hypertrophie und deutlich negativen T-Wellen in den Ableitungen V4–V6.

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Langzeit-EKG

Bei allen HCM-Patienten sollte eine kontinuierliche 24-Stunden-EKG-Aufzeichnung durchgeführt werden, da dies einer der Tests ist, die zur Stratifizierung des Risikos eines SCD verwendet werden.

Vorhofflimmern

Schätzungen zufolge leidet etwa die Hälfte der HCM-Patienten an paroxysmalem Vorhofflimmern. Die wichtigsten Prädiktoren für Vorhofflimmern sind eine linksventrikuläre diastolische Dysfunktion mit nachfolgender linksatrialer Dilatation, eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz (NYHA III/IV) und ein hohes Alter. Es scheint, dass die Folgen des Vorhofflimmerns aufgrund von Schlaganfällen als häufigste Komplikation weitreichender sein können als das Risiko für einen SCD. Kurze Paroxysmen von bis zu 30 Sekunden scheinen keine signifikanten klinischen Folgen zu haben.

Praxistipp

Bei Patienten mit einer Erweiterung des linken Vorhofs von > 50 mm erwägen wir stets sorgfältig die Möglichkeit einer dauerhaften Antikoagulationstherapie. Der herkömmliche CHA2DS2-VASc-Score hat sich bei Patienten mit HCM als ungenau erwiesen, weshalb er nicht verwendet werden sollte.


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Ventrikuläre Tachykardien

Die nicht anhaltenden VTs sind ein klassischer Risikofaktor für den SCD bei HCM-Patienten.

Merke

Wir halten das Auftreten von VTs bei jungen Patienten (˂ 35 Jahre) für besonders risikoreich.

Es ist nicht abschließend geklärt, ob Patienten nur 24 Stunden oder über einen längeren Zeitraum mittels kontinuierlicher EKG-Aufzeichnung untersucht werden sollten.

Anhaltende ventrikuläre Tachykardien sind eine absolute Indikation für die Implantation eines ICD (Sekundärprävention).


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Multimodale bildgebende Untersuchung

Echokardiografie: Grunduntersuchung

Merke

Die Echokardiografie ist für die Diagnose der HCM unerlässlich.

Alle anderen Untersuchungen, mit Ausnahme der Magnetresonanztomografie (MRT), haben nur ergänzenden Charakter. Die Echokardiografie liefert detaillierte Informationen über die Herzmorphologie, die systolische und diastolische Funktion sowie über das Vorhandensein oder Fehlen einer intraventrikulären Obstruktion.

Die klassischen echokardiografischen Befunde bei HCM sind:

  • LVH, die hauptsächlich das IVS und die Vorderwand betrifft ([Abb. 8])

  • kleinerer linker Ventrikel mit hoher Auswurffraktion, oft > 70%

  • intraventrikuläre Obstruktion, bestehend aus einer systolischen anterioren Bewegung (SAM) der Mitralklappe und einem verdickten basalen Segment des IVS

  • Doppler-Nachweis einer beeinträchtigten linksventrikulären diastolischen Funktion, einschließlich verminderter E-Welle, verlängerter Dezeleration und erhöhter A-Welle im transmitralen Fluss ([Abb. 9]). Dieser Befund ist typisch für das mittlere Lebensalter und ändert sich im Laufe des Lebens und bei fortschreitender linksventrikulärer diastolischer Dysfunktion.

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Abb. 8 Transthorakale Echokardiografie, apikale Projektion. Linksventrikuläre Hypertrophie, das verlängerte vordere Segel der Mitralklappe, das in der Systole eine subaortale Obstruktion verursacht.
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Abb. 9 PW-Doppler-Untersuchung des transmitralen Flusses. Abnahme der E-Welle, längere Relaxationszeit der E-Welle, Zunahme der A-Welle.

Etwa zwei Drittel der HCM-Patienten haben eine asymmetrische Verteilung der LVH mit einer stärkeren Beteiligung der anteroseptalen Segmente. Bei Patienten mit signifikanter IVS-Hypertrophie und kleinerem linksventrikulärem Cavum ist die Wahrscheinlichkeit eines positiven genetischen Befundes größer. Im Gegensatz dazu ist es bei Patienten mit einem Septum-sigmoideum-Phänotyp (Verkrümmung des basalen Segments des Septums) weniger wahrscheinlich, dass es sich um eine erbliche Form der HCM handelt, und andere Faktoren wie Bluthochdruck können eine Rolle spielen.

Anomalien in der Form des rechten Ventrikels sind wahrscheinlich altersabhängig. Bei jüngeren Patienten ist eine eiförmige Form des rechten Ventrikels häufiger, während bei älteren Patienten eine eher „bananenartige“ Form des rechten Ventrikels typisch ist. In der apikalen Vierkammerprojektion scheint die Spitze des rechten Ventrikels manchmal mit Muskulatur gefüllt zu sein, die vom IVS ausgeht.

Eine supranormale linksventrikuläre Ejektionsfraktion ist für die meisten HCM-Patienten typisch, wobei Werte von > 90% keine Ausnahme darstellen. Diese hohen Werte der systolischen Funktion bedeuten, dass der Ventrikelhohlraum am Ende der Systole nicht sichtbar ist.

Nur ein kleiner Teil der Patienten hat eine eingeschränkte linksventrikuläre systolische Funktion (˂ 50%; „burned-out“-Phase). Kinetische Anomalien treten häufiger in Segmenten mit ausgeprägter Hypertrophie auf, insbesondere im IVS, das oft leicht hypokinetisch und stark hypertrophisch ist.


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Echokardiografie: intraventrikuläre Obstruktion

Als pathologische Obstruktion gilt ein Zustand mit einem maximalen LVOT-G ≥ 30 mmHg, entweder in Ruhe oder nach Provokation.

Die spontane Variabilität des LVOT-G ist beträchtlich und kann an 5 aufeinanderfolgenden Tagen um bis zu 50% schwanken. Dieses Phänomen wird durch hämodynamische Schwankungen wie Änderungen des Plasmavolumens, der Hydratation, des Blutdrucks und der Herzfrequenz verursacht, welche die Höhe des LVOT-G erheblich beeinflussen können.

Die Obstruktion kann in 2 Etagen auftreten:

  1. subaortal: Sie ist bei Weitem die häufigste Stelle der Obstruktion ([Tab. 1], [Abb. 10]).

  2. mittventrikulär: Eine mittventrikuläre Obstruktion ist etwa 10-mal seltener als eine subaortale Obstruktion. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit mittventrikulärer Obstruktion liegt auch eine subaortale Obstruktion vor.

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Abb. 10 CW-Doppler-Untersuchung mit Flussbeschleunigung im linksventrikulären Ausflusstrakt mit einer maximalen Geschwindigkeit von etwa 4 m/s. Die Doppler-Kurve hat eine typische Form mit Beschleunigung in der 2. Hälfte der Systole, wodurch sie sich von der Flusskurve bei Aortenstenose unterscheidet.

Tab. 1 Wichtige echokardiografische Parameter.

diagnostische Kriterien/Untersuchungsmethoden

wichtige zu untersuchende Parameter

LVH = linksventrikuläre Hypertrophie; LVOT-G = Gradient des linksventrikulären Ausflusstrakts; SAM = systolische anteriore Bewegung

Echokardiografie

Grunduntersuchung

Herzmorphologie, systolische und diastolische Funktion, intraventrikuläre Obstruktion

LVH, linker Ventrikel, Ejektionsfraktion (> 70%), intraventrikuläre Obstruktion, SAM der Mitralklappe, linksventrikuläre diastolische Funktion

intraventrikuläre Obstruktion

LVOT-G ≥ 30 mmHg, spontane Variabilität des LVOT-G, Obstruktionsstelle (subaortal, mittventrikulär), SAM der Mitralklappe

Doppler-Charakterisierung der diastolischen und systolischen Funktion

transmitraler Fluss (E-Welle, A-Welle), pulmonalvenöser Fluss (D-Welle, S-Welle, A-Welle)

Gewebe-Doppler-Echokardiografie

S-Welle (< 13 cm/s), E'-Welle (< 14 cm/s), systolische Funktion der langen Achse des linken Ventrikels, Dehnungswerte (longitudinale, zirkumferenzielle, radiale)

Mitralklappeninsuffizienz

Mitralklappenveränderungen (Größe, Form), Mitralklappenkoaptation, Regurgitationsflussrichtung

Im mittleren Teil der Systole nähert sich das vordere Segel dem basalen Segment des IVS. Diese systolische anteriore Bewegung (SAM-Phänomen) der Mitralklappe kann eine Obstruktion verursachen. Die maximale Obstruktion tritt in der 2. Hälfte der Systole auf. Die hämodynamische Bedeutung des SAM-Phänomens wird durch den LVOT-G quantifiziert und der Gradient ist vom momentanen Fluss abhängig, d. h. er spiegelt die aktuelle Hämodynamik des Patienten wider.

Eine Obstruktion im rechten Ventrikel ist selten, kann aber vorkommen. Ungefähr die Hälfte der Patienten mit rechtsventrikulärer Obstruktion hat auch eine linksventrikuläre Obstruktion. Eine rechtsseitige Obstruktion ist am häufigsten im rechtsventrikulären Ausflusstrakt lokalisiert, kann aber auch apikal oder in der Mitte des Ventrikels lokalisiert sein.

Praxistipp

Aufgrund des eingeschränkten Echofensters auf den rechtsventrikulären Ausflusstrakt kann eine rechtsseitige Obstruktion in der Echokardiografie leicht übersehen werden. In solchen Fällen ist es ratsam, eine MRT-Untersuchung durchzuführen, mit der sich eine rechtsseitige Obstruktion besser diagnostizieren lässt.

Bei einigen Patienten ist die Obstruktion latent, d. h. sie tritt erst nach Provokation auf. Daher sollte die echokardiografische Untersuchung immer Provokationsmanöver wie das Valsalva-Manöver einschließen, die eine latente Obstruktion aufdecken können. Falls erforderlich, kann die Provokation durch die sublinguale Verabreichung von Nitrat ergänzt werden.

Der physiologischste Test zur Untersuchung einer linksventrikulären Obstruktion ist die dynamische Stressechokardiografie. Dieser Test simuliert eine realistische Patientenbelastung und kann eine Obstruktion demaskieren, die möglicherweise in Ruhe nicht vorhanden ist.


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Echokardiografie: Doppler-Charakterisierung der diastolischen und systolischen Funktion des linken Ventrikels

Merke

Die meisten HCM-Patienten weisen eine linksventrikuläre diastolische Dysfunktion auf, welche die klinischen Symptome, die Prognose und die echokardiografischen Ergebnisse, insbesondere die Doppler-Ergebnisse, erheblich beeinflusst.

Der transmitrale Fluss bei Patienten mit HCM ist häufig durch Relaxationsanomalien gekennzeichnet: eine Abnahme der frühen diastolischen Füllungsrate des linken Ventrikels (reduzierte E-Welle), eine Verlangsamung der Relaxation (verlängerte E-Wellen) und eine Zunahme der späten Füllungsrate des linken Ventrikels (erhöhte A-Welle). Typische Befunde bei Patienten mit Herzinsuffizienz sind eine Zunahme der D-Welle (diastolische Komponente) und eine Abnahme der S-Welle (systolische Komponente) sowie eine Verlängerung der A-Welle (atriale Komponente) ([Abb. 11]).

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Abb. 11 PW-Doppler-Untersuchung des Pulmonalvenenflusses. Die Größenordnungen der S- und D-Wellen sind bei normalen Füllungsdrücken ähnlich.

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Gewebe-Doppler-Echokardiografie

Patienten mit HCM haben häufig eine reduzierte S-Welle (normalerweise < 13 cm/s) und eine reduzierte E'-Welle (normalerweise < 14 cm/s). Diese Parameter sind jedoch nicht immer zuverlässig, da sie auch bei gesunden Personen vorhanden sein können, während einige jüngere HCM-Patienten mit noch guter diastolischer Funktion diese Bedingungen nicht erfüllen ([Abb. 12]).

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Abb. 12 Gewebe-Doppler-Untersuchung der Mitralanulusbewegung bei hypertropher Kardiomyopathie. Das Ausmaß der E-Welle nimmt mit zunehmendem Füllungsdruck ab.

Bei Patienten mit HCM kann auch die systolische Funktion des linken Ventrikels beeinträchtigt sein, insbesondere im Sinne einer eingeschränkten systolischen Funktion der langen Achse des linken Ventrikels. Diese Funktionsstörung äußert sich in reduzierten systolischen Geschwindigkeiten bei der TDI (Tissue Doppler Imaging) des Mitralanulus. Mithilfe der „Speckle-Tracking“-Echokardiografie konnte gezeigt werden, dass Patienten mit HCM häufig reduzierte longitudinale, zirkumferenzielle und radiale Dehnungswerte aufweisen. Diese Parameter korrelieren mit dem Vorhandensein und dem Ausmaß der Fibrose sowie der Wanddicke des linken Ventrikels.


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Echokardiografie: Mitralklappeninsuffizienz

Analysen von explantierten Klappen haben gezeigt, dass zwei Drittel der HCM-Patienten pathologische Veränderungen der Mitralklappengröße oder -form aufweisen. Typische Anomalien sind eine Vergrößerung der Mitralklappenfläche und eine Verlängerung der Segel und des subvalvulären Apparats. Beide Mechanismen führen zum SAM-Phänomen. Das vordere Segel der Mitralklappe kann in der kurzen Achse eine Dreizackform bilden, die dem Emblem der Marke Adidas ähnelt ([Abb. 13]).

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Abb. 13 Transthorakale Echokardiografie. Das vordere Segel der Mitralklappe ist redundant und erzeugt das Bild eines Kleeblatts.

Die Mitralklappenkoaptation ist schräg gerichtet und verursacht eine exzentrische Regurgitation zur hinteren Wand des linken Vorhofs ([Abb. 14]).

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Abb. 14 Transthorakale Echokardiografie. Signifikante linksventrikuläre Hypertrophie mit subaortaler Obstruktion, die in der Farb-Doppler-Echokardiografie eine deutliche Turbulenz im linksventrikulären Ausflusstrakt erzeugt. Typisch ist eine leichte Mitralinsuffizienz zur Hinterwand des linken Vorhofs hin (Pfeil).
Merke

Eine exzentrische Regurgitation zur hinteren linken Vorhofwand ist ein wichtiger klinischer Marker, da bei Patienten mit einem in eine andere Richtung gerichteten Regurgitationsfluss möglicherweise eine andere Pathologie der Mitralklappe vorliegt, die nicht mit HOCM assoziiert ist.

Daher kann eine Verringerung der linksventrikulären Obstruktion durch die Myektomie oder ASA das Ausmaß der Mitralregurgitation bei diesen Patienten nicht immer verringern.


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Magnetresonanztomografie

Die Magnetresonanztomografie gehört zu den Basisuntersuchungen von Patienten mit HCM.

Sie kann die folgenden Informationen liefern:

  1. Sie ist exakter bei der Quantifizierung des Ausmaßes der Hypertrophie, insbesondere bei Patienten mit schlechteren echokardiografischen Befunden. Die genaue Messung der linksventrikulären Wanddicke ist von praktischer Bedeutung für die Risikostratifizierung des SCD. Sie ermöglicht auch eine gute Unterscheidung von Patienten mit apikaler HCM oder dem Vorhandensein eines apikalen linksventrikulären Aneurysmas.

  2. Bei normalem Myokard führt die Untersuchung mit Gadolinium zu einer schnellen Sättigung und anschließenden Auswaschung des Kontrasts. Dies ist nicht der Fall bei Myokard mit fokalem Vorhandensein von erhöhtem Kollagen, d. h. fibrotischen Herden. In diesem Fall kommt es zu einer erhöhten Sättigung des Kontrastmittels (Gadolinium – Gd-DTPA), und nach dieser Untersuchung können im Myokard Late-Gadolinium-Enhancement-Foci nachgewiesen werden ([Abb. 15]). Anzahl und Ausmaß dieser Herde korrelieren mit der Dicke des IVS, der Anzahl der hypokinetischen Segmente, der geringeren linksventrikulären Ejektionsfraktion, dem Auftreten eines positiven Phänotyps in jungen Jahren, dem Auftreten von nicht anhaltenden Kammertachykardien und vor allem dem Risiko eines SCD.

  3. Die Untersuchung ist für die Differenzialdiagnose der LVH nützlich ([Tab. 2]).

  4. Eine Untersuchung ist bei Personen mit positivem Genotyp und negativem Phänotyp (G+/F−) aufgrund einer echokardiografischen Untersuchung angebracht, da die MRT die Details der LVH verfeinern und LGE aufzeigen kann.

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Abb. 15 Magnetresonanztomografie des Herzens mit auffälligen hellen Herden mit später Sättigung im Septum (Pfeile).

Tab. 2 Differenzialdiagnose der linksventrikulären Hypertrophie durch Magnetresonanztomografie.

Anderson-Fabry-Krankheit

Amyloidose

sarkomerische HCM

HCM = hypertrophe Kardiomyopathie; LGE = Late Gadolinium Enhancement; T1 = T1-Zeit oder T1-Relaxationszeit

  • konzentrische linksventrikuläre Hypertrophie

  • Hypertrophie der Papillarmuskeln

  • posterolaterale LGE

  • niedrige native T1

  • geringeres Ausmaß der linksventrikulären Hypertrophie

  • diffuse subendokardiale LGE

  • hohe native T1

  • jedes Ausmaß der linksventrikulären Hypertrophie

  • Mittelwand-LGE in Hypertrophielagern

Merke

Alle Patienten mit HCM sollten mittels MRT untersucht werden. Dadurch kann nicht nur die Morphologie des Herzens besser beurteilt werden, sondern aufgrund des Ausmaßes der LGE-Läsionen auch eine Risikostratifizierung erfolgen.


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Computertomografie

Die kardiale Computertomografie liefert ähnliche Ergebnisse wie die MRT. In der Praxis wird sie wegen der Strahlenbelastung nur bei Patienten eingesetzt, bei denen wir keine MRT-Untersuchung durchführen können. Dies ist meist der Fall, wenn der Patient ICD- oder Herzschrittmacherträger ist und das Device nicht MRT-kompatibel ist. Für die Differenzialdiagnose ist das CT dem MRT aber in jedem Fall nachgeordnet.


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Belastungstests

Bei symptomatischen Patienten, die in der Ruheechokardiografie keinen LVOT-G ≥ 30 mmHg aufweisen, wird eine Fahrradstressechokardiografie durchgeführt. Ihr Ziel ist es, eine belastungsinduzierte Obstruktion zu erkennen, deren Behebung die Beschwerden des Patienten lindern könnte.

Bei Patienten mit Anzeichen einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz ohne Obstruktion wird ein kardiopulmonaler Belastungstest durchgeführt, um die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) zu untersuchen. Die Bewertung der kardiopulmonalen Kapazität auf diese Weise ist von großer prognostischer Bedeutung, und der VO2max-Wert korreliert gut mit der Langzeitmortalität, dem Risiko einer schweren Herzinsuffizienz und ventrikulären Arrhythmien.


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Katheteruntersuchung

In der Zeit vor der Entwicklung der Echokardiografie und insbesondere der Doppler-Echokardiografie war die Katheteruntersuchung die grundlegende diagnostische Methode bei Patienten mit Verdacht auf HCM. Gegenwärtig verwenden wir die diagnostische Katheteruntersuchung bei Patienten mit unklaren echokardiografischen Befunden, um invasiv die LVOT-G zu messen, sowie bei Patienten mit Angina-pectoris-Symptomatik, um epikardiale Koronarstenosen auszuschließen ([Abb. 16]).

Merke

Die Katheteruntersuchung ist also nicht Teil des Basisuntersuchungsprogramms für HCM-Patienten.

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Abb. 16 Gleichzeitige Messung des linksventrikulären und des Aortendrucks bei einem Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM). Der Peak-to-Peak-Gradient schwankt um 50 mmHg. Er variiert mit der Atmung und auch mit der Länge der Diastole in jedem Herzzyklus.

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Laboruntersuchung

Pathologische Werte des „brain natriuretic peptide“ (BNP), des N-terminalem proBNP (NT-proBNP) und des hochsensitiven kardialen Troponins (hs-cTn) sind bei HCM-Patienten mit einer schlechteren Langzeitprognose in Bezug auf Tod und Herzversagen verbunden. Diese Tests können zur Langzeitüberwachung der Krankheit eingesetzt werden. Es hat sich gezeigt, dass die Werte dieser Tests deutlich sinken, wenn es gelingt, den LVOT-G zu reduzieren.

Praxistipp

Zur Differenzialdiagnose von HCM (LVH) sollten wir bei allen Patienten auch die Leber- und Nierenfunktion überprüfen.


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Genetische Untersuchung und Beratung

Merke

Genetische Tests gehören zu den grundlegenden Untersuchungen für alle HCM-Patienten < 50 Jahren. Gleichzeitig sollten diese Untersuchungen jedoch von einem Genetiker oder Kardiologen mit fundierten Kenntnissen auf diesem Gebiet durchgeführt und interpretiert werden.

Pathogene oder wahrscheinlich pathogene Varianten finden sich bei 20–50% der HCM-Patienten. Es gibt keine zuverlässigen Daten, die eine eindeutige Beziehung zwischen Genotyp und Phänotyp beschreiben. Folglich können wir die genetischen Untersuchungen nicht zur Beurteilung der Prognose eines bestimmten HCM-Patienten verwenden. Der Nachweis einer pathogenen oder wahrscheinlich pathogenen Variante sollte zu einer Kaskadenuntersuchung von 3 Generationen von Verwandten führen.

Aufgrund der unvollständigen Penetranz und der variablen Ausprägung der HCM manifestieren nicht alle Träger des positiven Genotyps (G+) die Krankheit. Dennoch sollten diese Personen regelmäßig aufgrund der Möglichkeit einer zukünftigen Krankheitsentwicklung untersucht werden.

Genetische Tests ermöglichen den Ausschluss von HCM bei Angehörigen von Patienten mit positivem Genotyp. Dies hat einen guten psychologischen Effekt, da sie nicht weiterverfolgt werden müssen.


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Therapie

Bei der HCM-Therapie verfolgen wir, wie bei anderen Krankheiten auch, 2 Ziele. Eines besteht darin, das Leben zu verlängern und zu versuchen, den SCD oder ein Herzversagen zu verhindern. Das Hinauszögern oder Verhindern des Auftretens von Vorhofflimmern, das nicht nur hämodynamische Folgen hat, sondern auch eine relativ häufige Ursache für Schlaganfälle ist, ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung für die Dauer und die Qualität des Lebens. Es kann auch dazu beitragen, das Leben des HCM-Patienten zu verkürzen.

Das 2. Ziel ist die bessere Lebensqualität von HCM-Patienten, die hauptsächlich durch die Symptome der Herzinsuffizienz in Form von Kurzatmigkeit, Herzklopfen und Brustschmerzen beeinträchtigt wird.

Risikostratifizierung für den plötzlichen Tod

Merke

Der einzige wirksame Ansatz zur Verringerung des SCD-Risikos ist die Implantation eines ICD.

Es gibt keine eindeutigen Beweise dafür, dass eine medikamentöse Therapie die Wahrscheinlichkeit des SCD verringert. Demgegenüber ist es wahrscheinlich, dass die Verringerung oder Beseitigung des LVOT-G bei Patienten mit schwerer Obstruktion auch zu einer gewissen Verringerung des SCD-Risikos führen kann.

Die Risikostratifizierung zur Verringerung des SCD-Risikos folgt 2 Modellen, dem europäischen und dem amerikanischen. Beide haben Vor- und Nachteile. Die Grundsätze der beiden Modelle sind in [Tab. 3] zusammengefasst.

Tab. 3 Vergleich der europäischen und amerikanischen Algorithmen zur Risikostratifizierung des plötzlichen Todes.

europäisches Modell

nordamerikanisches Modell

* HCM-Risiko-SCD-Rechner: https://doc2do.com/hcm/offline/webHCM.html HCM = hypertrophe Kardiomyopathie; ICD = implantierbarer Kardioverter-Defibrillator

primäre Prävention

  • plötzlicher Tod in der Familie (+/−)

  • ungeklärte Synkope (+/−)

  • maximale linksventrikuläre Wanddicke (mm)

  • nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie (+/−)

  • Alter (Jahre)

  • Durchmesser des linken Vorhofs (mm)

  • maximaler linksventrikulärer Ausflussgradient in Ruhe und bei Valsalva-Provokation (mmHg)

  • HCM-Risiko-SCD-Rechner*:

    • 5-Jahres-Risiko < 4%, ICD ist nicht indiziert

    • 5-Jahres-Risiko ≥ 4–6%, ICD wird in Betracht gezogen

    • 5-Jahres-Risiko > 6%, ICD wird empfohlen

  • Familienanamnese eines plötzlichen Todes aufgrund von HCM bei nahen Verwandten ≤ 50 Jahre (+/−)

  • nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie (+/−)

  • maximale linksventrikuläre Wanddicke ≥ 30 mm (+/−)

  • linksventrikuläres apikales Aneurysma (+/−)

  • linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 50%

  • wenn ≥ 1 Risikofaktor vorhanden ist, ist ein ICD empfohlen

  • Rolle von Risikomodifikatoren wie nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie und ausgedehnte LGE (≥ 15% der Masse des linken Ventrikels) ist ungewiss, d. h. ein ICD könnte in Betracht gezogen werden

Sekundärprävention

  • anhaltende ventrikuläre Tachykardie

  • Wiederbelebung bei Kammerflimmern

→ ICD wird empfohlen

  • anhaltende ventrikuläre Tachykardie

  • Wiederbelebung bei Kammerflimmern

→ ICD wird empfohlen

Vorteile

  • einfaches und leicht zugängliches Modell (HCM-Risiko-SCD-Rechner im Internet)

  • niedrige ICD-Implantationsrate (20–30%), validierte Spezifität

  • sicher und wirksam für echte Hochrisikopatienten

  • neue Risikofaktoren einbezogen (Magnetresonanztomografie und linksventrikuläre apikale Aneurysmen)

Nachteile

  • begrenzte Sensitivität

  • Einschreibungszeitraum der 1. Kohorte begann bereits im Jahr 1972 (andere Algorithmen bei Untersuchung)

  • modelliert, um alle „zu erwischen“ → begrenzte Spezifität (falsch positive Patienten)

    • ICD-Implantation bei bis zu 50% der HCM-Patienten

    • langfristiges Risiko ICD-bedingter unerwünschter Ereignisse

Das amerikanische Modell basiert auf Risikofaktoren und wenn einer dieser Faktoren vorliegt, ist eine ICD-Implantation angezeigt. Dieses Modell ist vorteilhaft für echte Hochrisikopatienten, für deren Identifizierung es eine hohe Sensitivität aufweist. Umgekehrt führt seine geringe Spezifität zur ICD-Implantation auch bei Patienten, die nie einen DC-Schock benötigen und somit lediglich ein Risiko für ICD-Komplikationen tragen.

Das europäische Modell berechnet das Risiko eines einzelnen Patienten und bei einem SCD-Risiko von 1,2% pro Jahr (6% über 5 Jahre) wird die Implantation eines ICD empfohlen. Bei einem Risiko von 0,8–1,2% (4–6% in 5 Jahren) wird eine ICD-Implantation in Betracht gezogen.

Patienten mit malignen Rhythmusstörungen (anhaltende VTs, Kammerflimmern) sind für eine ICD-Implantation indiziert (Fallbeispiel 1). Im Rahmen der Primärprävention implantieren wir ICDs nicht nur gemäß der Risikostratifizierung für einen SCD, sondern auch unter Berücksichtigung des Zustands und der Erwartungen des Patienten sowie nach Aufklärung über mögliche unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit dem ICD. Die häufigste Komplikation ist der nicht adäquate DC-Schock, der bei älteren ICD-Geräten wahrscheinlicher ist als die Notwendigkeit des adäquaten DC-Schocks. Bei jüngeren Patienten kann es besser sein, einen subkutanen als einen transvenösen ICD zu implantieren.

Merke

Beide dargestellten Modelle sind (bei Weitem) nicht optimal und es ist wahrscheinlich, dass die künstliche Intelligenz in Zukunft bessere und individuelle Lösungen bieten könnte als Modelle, die auf empirischen und retrospektiven Studien basieren.

Fallbeispiel 1

Heimtücke der HCM

Die 26-jährige Patientin erlitt einen Kreislaufstillstand und wurde erfolgreich reanimiert. Während des Krankenhausaufenthalts wurde eine HOCM mit hohem LVOT-G diagnostiziert. Sie erhielt einen ICD und wurde später wegen Dyspnoe einer ASA (Alkohol-Septum-Ablation) unterzogen. In den folgenden 10 Jahren war die Patientin völlig asymptomatisch und frei von jeglichen Herzrhythmusstörungen. Eine ICD-Explantation wurde in Betracht gezogen. Vor der Explantation erlitt sie eine Synkope und wurde anschließend mit einem ICD defibrilliert.

Dieser Fall verdeutlicht die Heimtücke der HCM bei völlig asymptomatischen Patienten.


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Medikamentöse Behandlung

Nicht vasodilatierende Betablocker sind die primäre Therapie der symptomatischen Patienten mit HCM/HOCM. Sie verbessern das Verhältnis zwischen Sauerstoffangebot und -nachfrage im Myokard und verringern so die Myokardischämie. Bei Personen, die Betablocker nicht vertragen oder bei denen die Symptome nicht auf Betablocker ansprechen, können Kalziumkanalblocker aus der Klasse der Nichtdihydropyridine, von denen Verapamil am intensivsten untersucht wurde, eine wirksame symptomatische Linderung bewirken.

Es ist zu beachten, dass Wirkstoffe wie Verapamil und Diltiazem zwar primär am atrioventrikulären Knoten wirken, aber dennoch eine gefäßerweiternde Wirkung haben. Daher ist bei der Verwendung dieser Wirkstoffe bei Patienten mit linksventrikulärer Ausflusstraktobstruktion mit schwerer Dyspnoe oder Hypotonie Vorsicht geboten, da eine Nachlastsenkung in diesem Fall die Obstruktion verschlimmern kann.

Merke

Um es noch einmal zu betonen: Betablocker und Kalziumkanalblocker werden nur zur Linderung der Symptome eingesetzt. Nach derzeitigem Kenntnisstand haben sie keine Auswirkungen auf das natürliche Fortschreiten der morphologischen und pathophysiologischen Anomalien bei HCM und beeinflussen nicht die Prognose.

Bei Patienten mit HOCM, deren Symptome auf Betablocker oder Kalziumkanalblocker nicht ansprechen, kann Disopyramid eine wirksame Alternative sein.

Bei Patienten, die nach der oben genannten medikamentösen Behandlung keine ausreichende Verbesserung der Lebensqualität erfahren, können wir den Einsatz von kardialen Myosininhibitoren (CMI) in Betracht ziehen. Derzeit liegen uns Daten aus randomisierten Studien mit Mavacamten und Aficamten vor, die zeigen, dass etwa die Hälfte der Patienten auf die Behandlung mit Mavacamten mit einer deutlichen Verringerung des LVOT-G und einer angemessenen Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und Lebensqualität reagiert. Allerdings kam es bei 7% der mit Mavacamten behandelten Patienten zu einer Verringerung der linksventrikulären Ejektionsfraktion ˂ 50%. Dies hat bisher zu der Empfehlung geführt, die linksventrikuläre Funktion während dieser Behandlung zu überwachen. Die Beobachtung von mit CMI behandelten Patienten über längere Zeiträume wird derzeit noch offene Fragen zur Sicherheit der Substanzklasse beantworten müssen.

Praxistipp

Bei Patienten mit Vorhofflimmern setzen wir zur Behandlung und Prävention Amiodaron oder Sotalol ein. Eine Alternative kann der Einsatz von Dofetilid sein. Bei der paroxysmalen Form des Vorhofflimmerns zögern wir nicht, im Rahmen der Antikoagulationstherapie rechtzeitig Warfarin oder andere Antikoagulationssubstanzen zu verabreichen.

Bei Patienten mit Anzeichen einer schweren Herzinsuffizienz verwenden wir ein Standardtherapieschema mit ACE-Hemmern und Diuretika. Verlässliche Daten über die Wirksamkeit der Resynchronisationstherapie (CRT) liegen nicht vor. Obwohl Patienten mit HCM in der Regel eine kleinere linksventrikuläre Kammer aufweisen, können bei ausgewählten Patienten linksventrikuläre Unterstützungssysteme (LVADs) eingesetzt werden. Kürzlich wurde auf der Grundlage von Beobachtungsdaten die präventive ICD-Implantation bei Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion ˂ 50% in Betracht gezogen.

Es gibt Daten, die andeuten, dass Valsartan bei Patienten ohne Obstruktion und mit einem milden Krankheitsverlauf in der maximal verträglichen Dosis zu einer gewissen Verringerung der LVH und einer Verbesserung der diastolischen Funktion führen könnte.

Überblick über die wichtigsten Wirkstoffe

Merke

Kardiale Myosininhibitoren stellen den größten Fortschritt in der HCM-Behandlung seit mehreren Jahrzehnten dar.

Derzeit (2/2025) ist Mavacamten (Camzyos) auf dem Markt und hat eine gute Wirksamkeit, aber die Dosistitration sollte langsam erfolgen, mit Anpassungen nach 4 Wochen. Es besteht leider die Gefahr, dass die linksventrikuläre Ejektionsfraktion bei etwa 7% der Patienten < 50% fällt. Daher müssen die Patienten auch nach der Titrationsphase nach 2–3 Monaten echokardiografisch untersucht werden. Es ist wahrscheinlich, dass sich diese Einschränkung mit zunehmender Behandlungserfahrung ändern wird.

Aficamten hat eine kürzere biologische Halbwertszeit, sodass die Titrationsphase kürzer ist (Dosisanpassung nach 2 Wochen) und verfügt außerdem über ein breiteres therapeutisches Fenster. Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass es ein besseres Sicherheitsprofil als Mavacamten haben könnte. Allerdings ist es derzeit noch nicht auf dem Markt erhältlich. Es wird erwartet, dass es im Laufe des Jahres 2025 auf den US-Markt kommen könnte.

Bei CMI-Behandlung besteht das Risiko einer Senkung der linksventrikulären Ejektionsfraktion, aber es sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einer behandlungsbedingten irreversiblen Reduktion der linksventrikulären Funktion oder einer fatalen Herzinsuffizienz kam.

Eine wesentliche und zugleich kritisch zu diskutierende Frage bei der Behandlung der HOCM ist, ob wir die Patienten mittels Katheterisierung oder Operation behandeln sollten, was zu einer dauerhaften Reduktion oder Eliminierung der Obstruktion auf Kosten des anfänglichen Risikos führen würde. Oder ob sie lebenslang CMI erhalten sollten, welche die myokardiale Kontraktilität und damit die Obstruktion reduzieren. Die Kosten der CMI-Behandlung sind ebenfalls sehr hoch und daher für viele Patienten und Gesundheitssysteme nicht finanzierbar.


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Interventionelle und chirurgische Behandlung

Alkohol-Septum-Ablation

Bei Patienten mit Obstruktion, die trotz medikamentöser Therapie symptomatisch sind, kann in Zentren mit großer Erfahrung eine Alkohol-Septum-Ablation (ASA) durchgeführt werden. Das Prinzip der Methode ist die Injektion einer kleinen Menge Alkohol in den Septumast, der das basale Segment des verdickten IVS versorgt. Gewöhnlich 1-3 Monate nach ASA wird das basale Septum ausgedünnt, wodurch die Obstruktion reduziert oder beseitigt wird, was mit einer Verbesserung der Luftnot um durchschnittlich 1,5 NYHA-Klassifizierungsgrade einhergeht ([Abb. 17]). Das Verfahren ist in etwa 10% der Fälle mit dem Risiko der Entwicklung eines AV-Blocks verbunden, der eine Herzschrittmacherimplantation erfordert. Die frühe Mortalitätsrate bei ASA liegt < 1%. In jüngster Zeit ist die ASA auch Teil komplexer Kathetereingriffe geworden (Fallbericht 2, [Abb. 18]).

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Abb. 17 Transthorakale Echokardiografie. Patientin nach Alkohol-Septum-Ablation (Pfeil zeigt auf die Narbe des basalen Segments des Septums) mit anschließender vollständiger Beseitigung der Obstruktion.
Fallbericht 2

ASA bei komplexem Kathetereingriff


Ein 80-jähriger Mann mit schwerer Dyspnoe (NYHA III/IV) wurde in mehreren Abteilungen mit der Diagnose einer schweren HOCM, mäßiger Aortenstenose, mäßiger Mitralinsuffizienz und paroxysmalem Vorhofflimmern mit hohem Blutungsrisiko vorgestellt. Die Diagnose wurde durch Echokardiografie und Katheteruntersuchung bestätigt. Die Chirurgen lehnten einen Aortenklappenersatz, eine Myektomie, eine Mitralklappenvalvuloplastie und eine Resektion des linken Vorhofohres wegen des hohen Operationsrisikos ab. Daher entschieden wir uns für eine Katheterbehandlung.


Bei der 1. Intervention führten wir eine ASA durch, was zu einer Verringerung des maximalen Druckgradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt von 70 auf 30 mmHg und zur Entwicklung eines Rechtsschenkelblocks führte.


Anschließend wurde die Acurate neo2-Klappe (Boston Scientific) in Aortenposition implantiert, wobei der mittlere Aortengradient von 30 auf 8 mmHg gesenkt wurde. Unmittelbar nach der Implantation erlitt der Patient einen mehrminütigen kompletten AV-Block, der anschließend zu einem stabilen Rechtsschenkelblock führte.


Aufgrund der persistierenden mäßigen Mitralregurgitation mit SAM und einem relativ dünnen basalen interventrikulären Septum (19 mm) führten wir eine transkathetergestützte Edge-to-Edge-Reparatur der Mitralklappe durch (MitraClip, Abbott Vascular), die zu einer Behebung der Mitralregurgitation und der systolischen Vorwärtsbewegung führte und einen mittleren Mitralklappengradienten von 4 mmHg ergab ([Abb. 18]).

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Abb. 18 Patient nach Alkohol-Septum-Ablation bei HOCM, Implantation eines Linksvorhofverschlusses, Aortenklappenimplantation und MitraClip-Implantation.

Im 2. interventionellen Eingriff verschlossen wir den linken Vorhofohr mit dem LAmbre-Okkluder (Lifetech Scientific Corp) und den ungewöhnlich großen postoperativen Vorhofseptumdefekt mit dem Figulla-Okkluder (Occlutech GmbH).


Einen Monat nach dem 2. Eingriff war der Patient nahezu beschwerdefrei (NYHA-Klasse I/II), mit einem maximalen Gradienten zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta von 15 mmHg. Der Mitralklappenbefund war frei von Mitralinsuffizienz und ohne SAM.


Die Behandlung von Patienten mit HOCM und anderen strukturellen Herzerkrankungen hat sich seit den Anfängen der ASA dramatisch verändert. Heute setzen wir eine Kombination verschiedener Katheterverfahren ein, um komplexe Patienten umfassend zu behandeln. In der Vergangenheit war diese Art der Behandlung ausschließlich der Herzchirurgie vorbehalten.


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Radiofrequenzablation

Eine weitere Alternative ist die Radiofrequenzablation des basalen Segments des IVS. Diese kann durch Katheterisierung – transendokardial oder transkutan unter echokardiografischer Kontrolle (Liwen-Prozedur) – durchgeführt werden. Mit keiner dieser beiden Methoden gibt es heutzutage noch ausreichend Erfahrung.


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Myektomie

Eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung der Obstruktion ist die Myektomie, ein herzchirurgischer Eingriff, bei dem das basale Segment des IVS operativ verdünnt und anschließend die Obstruktion reduziert oder beseitigt wird ([Abb. 19]). Diese Behandlung ist in erfahrenen herzchirurgischen Zentren mit einer Mortalitätsrate von 1–2% verbunden. In weniger erfahrenen Zentren ist die identische Operation jedoch mit einem bis zu 10-fach höheren Risiko verbunden. Beide oben genannten Therapien verbessern die Lebensqualität symptomatischer Patienten erheblich.

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Abb. 19 Zustand nach Myektomie mit Erweiterung des linksventrikulären Ausflusstrakts (Pfeil).

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Zweikammerschrittmacher

Die letzte alternative Therapie bei Obstruktion ist die Implantation eines Zweikammerschrittmachers mit der Entwicklung einer Dyssynchronie während der linksventrikulären Kontraktion. Ihre Wirksamkeit wurde jedoch durch randomisierte Studien infrage gestellt.

Eine Mitralklappenverlängerung mit nachfolgender Mitralinsuffizienz kann kathetertechnisch mit einer MitraClip-Implantation oder chirurgisch mit einer Mitralklappenvalvuloplastie behandelt werden. In der Vergangenheit wurde auch ein Mitralklappenersatz durchgeführt, um die Patienten von SAM und Obstruktion zu befreien. Diese Operation wird, wenn möglich, nicht mehr empfohlen.

Einige Chirurgen führen nicht nur die klassische transaortale Myektomie, sondern auch eine transapikale Myektomie durch, die eine mittventrikuläre Obstruktion beseitigen und möglicherweise die Form der linken Kammer verändern kann. Gegenwärtig wird bei Patienten mit signifikanter IVS-Hypertrophie die umfangreichste Myektomie empfohlen, ggf. einschließlich der Modellierung der Papillarmuskeln.

Merke

Der bei Weitem größte Prädiktor für Todesfälle während einer chirurgischen oder interventionellen Behandlung ist die Erfahrung des durchführenden Operateurs. Daher sollten sowohl die Myektomie als auch die ASA nur an Standorten mit einem etablierten HCM-Programm (Centers of Excellence) und umfassender Erfahrung durchgeführt werden.


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Besondere Situationen

Patienten mit Herzinsuffizienz ohne Obstruktion werden genauso behandelt wie Patienten mit Herzinsuffizienz aufgrund anderer Ursachen. Wir ziehen eine ICD-Implantation in Betracht, wenn die Ejektionsfraktion < 50% fällt. In diesem Fall ziehen wir auch eine Resynchronisationstherapie in Betracht, obwohl wir dafür keine direkten Beweise aus den durchgeführten Studien haben.

Praxistipp

Bei wiederholten malignen Herzrhythmusstörungen oder fortschreitender Herzinsuffizienz ziehen wir eine Herztransplantation in Betracht.

Schwangerschaft

Patientinnen mit HCM vertragen eine Schwangerschaft in der Regel gut, wobei Betablocker die Haupttherapie darstellen. Im Falle eines hohen LVOT-G empfehlen wir, noch vor der Schwangerschaft, die Obstruktion mit ASA oder einer Myektomie zu beseitigen. Bei Patientinnen mit einer erheblichen Obstruktion kann eine Entbindung per vias naturales risikoreich sein. In den meisten Fällen wird in diesen Fällen eine Epiduralanästhesie empfohlen. Die Antikoagulationstherapie bei potenziellem Vorhofflimmern besteht aus niedermolekularem Heparin oder Warfarin in einer Dosis von bis zu 5 mg täglich. Kardiale Myosininhibitoren sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.


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Lebensstil

Frühere Maßnahmen in Bezug auf körperliche Aktivität bei HCM-Patienten waren sehr streng und verboten im Grunde jegliche körperliche Aktivität. Heutzutage hat sich die Sichtweise zu diesem Thema erheblich geändert.

Merke

Leichte bis mäßige körperliche Betätigung wird empfohlen, und bei Patienten mit einem unkomplizierten Verlauf der HCM ist unter bestimmten Umständen auch eine sportliche Betätigung im Spitzensport erlaubt.

Dabei handelt es sich hauptsächlich um Sportarten, bei denen der Sportler während des Trainings und der Wettkämpfe nie allein gelassen wird.

Ein großer Teil der HCM-Patienten ist übergewichtig oder fettleibig. Diese Patienten haben einen schlechteren Krankheitsverlauf in Bezug auf Symptome, Belastbarkeit und Krankheitsverlauf. Aus diesem Grund sollten Interventionen zur Gewichtsreduktion Teil aller Behandlungsmaßnahmen sein.


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Beschäftigung

Patienten mit einem erhöhten SCD-Risiko oder Patienten mit implantiertem ICD sollten den Beruf des Berufskraftfahrers nicht ausüben. Schwere körperliche Arbeit ist umstritten, ebenso wie möglicher Spitzensport.


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Regelmäßige Kontrollen

Patienten mit HCM werden je nach Krankheitsverlauf mindestens 1× pro Jahr untersucht. Erwachsene Patienten mit negativem Phänotyp und positivem Genotyp werden mindestens 1× alle 3–5 Jahre untersucht. Das Gleiche gilt für Verwandte 1. Grades von HCM-Patienten, bei denen wir die Ergebnisse der genetischen Tests nicht kennen.

Alle 2 Jahre sollten wir eine neue Risikostratifizierung von SCD durchführen und die Indikation für eine ICD-Implantation auf der Grundlage der Ergebnisse der neuen Tests aktualisieren.


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Multidisziplinäre Teams

In der Vergangenheit haben wir Kardiomyopathien in internistischen oder kardiologischen Abteilungen untersucht. Die zunehmende Menge an Informationen erfordert jedoch die Bildung von multidisziplinären Teams für die Diagnose und Behandlung von HCM und anderen Kardiomyopathien, in denen in erster Linie Kardiologen, Radiologen, Genetiker und Herzchirurgen vertreten sein sollten, in einigen anderen Fällen auch Kinderärzte, Internisten und Anästhesisten.

Tatsächlich gibt es weltweit nur eine kleine Anzahl solcher Zentren, aber die Lernkurven zeigen deutlich bessere Ergebnisse in Zentren, in denen eine größere Anzahl von Patienten diagnostiziert und behandelt wird und ein multidisziplinäres Team zur Verfügung steht.

Merke

Es hat sich gezeigt, dass in den besten nordamerikanischen Zentren die Mortalitätsrate bei Myektomien < 0,5% liegt, während in Zentren, in denen nicht mehr als 1 Patient pro Jahr operiert wird, die Mortalitätsrate 15% beträgt (etwa 30× höher).


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Fazit

Die hypertrophe Kardiomyopathie ist eine Herzmuskelerkrankung, die durch eine Herzhypertrophie (Wanddicke ≥ 15 mm) definiert ist, die keine erkennbare andere Ursache hat. Ein Drittel der Patienten hat eine linksventrikuläre Obstruktion mit einem Gradienten ≥ 30 mmHg unter Ruhebedingungen und ein weiteres Drittel hat diese Obstruktion unter Belastung oder nach Provokationsmanövern (hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie).

Typische Symptome sind Dyspnoe, Brustschmerzen, Herzklopfen und Synkopen. Die Diagnose wird in der Regel durch eine klinische Untersuchung vermutet und durch bildgebende Verfahren bestätigt. Einige Patienten haben ein höheres Risiko für einen plötzlichen Herztod, Herzversagen und Vorhofflimmern. Bei Patienten mit einem höheren Risiko für einen plötzlichen Herztod wird ein Kardioverter-Defibrillator implantiert, bei Patienten mit schweren Symptomen, die auf eine Obstruktion zurückzuführen sind, werden Betablocker, kardiale Myosininhibitoren oder eine Therapie zur Ausdünnung des Septums (in der Regel eine Myektomie oder eine Alkohol-Septum-Ablation) empfohlen.

Kernaussagen
  • Die Diagnose einer HCM basiert auf dem Vorhandensein einer signifikanten linksventrikulären Hypertrophie (≥ 15 mm) bei Fehlen anderer Ursachen oder Anzeichen einer systemischen Erkrankung.

  • Pathogene oder wahrscheinlich pathogene Mutationen werden bei weniger als der Hälfte der HCM-Patienten gefunden.

  • Die Prävalenz liegt bei etwa 1 : 200–500 Personen, die meisten Patienten sind asymptomatisch oder wenig symptomatisch.

  • Zwei Drittel der Patienten leiden unter einer linksventrikulären Obstruktion, die vor allem bei Belastung extreme Werte erreichen kann.

  • Einige Patienten mit HCM haben ein höheres Risiko für den SCD, daher wird eine Risikostratifizierung durchgeführt und bei Bedarf ein ICD implantiert.

  • Symptomatische Patienten mit Obstruktion werden in erster Linie durch Betablocker oder Verapamil behandelt. Sollte diese Therapie nicht effektiv sein, werden CMI, ASA oder Myektomie angewandt.

  • Alle Patienten sollten in spezialisierten HCM-Zentren behandelt werden, da die Ergebnisse dort wesentlich besser sind.

  • Unter günstigen Bedingungen können wir die Prognose von HCM-Patienten auf das Niveau der vergleichbaren Allgemeinbevölkerung verbessern.


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Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. MUDr. Josef Veselka, PhD, Chemnitz.


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Prof. MUDr. Josef Veselka, PhD


Leitender Oberarzt für Kardiomyopathien in der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin, Klinikum Chemnitz. Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Schwerpunkte: interventionelle Kardiologie und Angiologie, hypertrophe Kardiomyopathie.

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Prof. Dr. med. Marcus Franz


Ärztlicher Direktor des Herz-Kreislauf-Zentrum Rotenburg. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Analyse des kardiovaskulären Gewebeumbaus (Remodeling) bei verschiedenen Herz-Kreislauferkrankungen und Entwicklung neuer Biomarker und therapeutischer Zielstrukturen, Herzklappenerkrankungen, pulmonale Hypertonie, infektiöse Endokarditis.

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Prof. Dr. med. Karim Ibrahim


Chefarzt der Klinik für Innere Medizin Kardiologie, Angiologie und kardiologische Intensivmedizin am Klinikum Chemnitz. Leiter der Abteilung Rhythmologie und Elektrophysiologie. Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Spezialgebiete u.a. hochkomplexe Interventionen an Herzkranzgefäßen und im Bereich der minimalinvasiven katheterbasierten Herzklappeneingriffe.

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Interessenkonflikt

Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht‐Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Ommen SR, Ho CY, Asif IM. et al. 2024 AHA/ACC/AMSSM/HRS/PACES/SCMR Guideline for the Management of Hypertrophic Cardiomyopathy: A Report of the American Heart Association/American College of Cardiology Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol 2024; 83: 2324-2405
  • 2 Arbelo E, Protonotarios A, Gimeno JR. et al. 2023 ESC Guidelines for the management of cardiomyopathies. Eur Heart J 2023; 44: 3503-3626
  • 3 Maron BJ, Desai MY, Nishimura RA. et al. Management of hypertrophic cardiomyopathy. J Am Coll Cardiol 2022; 79: 390-414
  • 4 Veselka J, Anavekar NS, Charron PS. Hypertrophic obstructive cardiomyopathy. Lancet 2017; 389: 1253-1267

Korrespondenzadresse

Prof. MUDr. Josef Veselka, PhD
Klinikum Chemnitz gGmbH Klinik für Innere Medizin I Kardiologie / Angiologie / Intensivmedizin
Bürgerstraße 2
09113 Chemnitz
Deutschland   

Publication History

Article published online:
13 March 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

  • 1 Ommen SR, Ho CY, Asif IM. et al. 2024 AHA/ACC/AMSSM/HRS/PACES/SCMR Guideline for the Management of Hypertrophic Cardiomyopathy: A Report of the American Heart Association/American College of Cardiology Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol 2024; 83: 2324-2405
  • 2 Arbelo E, Protonotarios A, Gimeno JR. et al. 2023 ESC Guidelines for the management of cardiomyopathies. Eur Heart J 2023; 44: 3503-3626
  • 3 Maron BJ, Desai MY, Nishimura RA. et al. Management of hypertrophic cardiomyopathy. J Am Coll Cardiol 2022; 79: 390-414
  • 4 Veselka J, Anavekar NS, Charron PS. Hypertrophic obstructive cardiomyopathy. Lancet 2017; 389: 1253-1267

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Abb. 1 Signifikante Hypertrophie des linken Ventrikels, hauptsächlich im Bereich des Septums.
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Abb. 2 Transthorakale Echokardiografie. Systolische anteriore Bewegung, bei der das vordere Segel der Mitralklappe fast das Septum berührt, wodurch eine subaortale Obstruktion entsteht (Pfeil).
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Abb. 3 Transthorakale Echokardiografie. Mittventrikuläre Obstruktion (Pfeil), bei der sich der linksventrikuläre Hohlraum in einen apikalen und einen Ausflusstrakt teilt.
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Abb. 4 Querschnitt durch das Herz mit ausgeprägter linksventrikulärer Hypertrophie und kleinem linksventrikulärem Hohlraum.
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Abb. 5 Das mikroskopische Bild zeigt eine „myocardial disarray“, bei dem die Herzmuskelfasern völlig unregelmäßig sind und auch eine unregelmäßige Form haben. Zwischen den Muskelzellen befinden sich hellere Fibrosebereiche (Hämatoxylin-Eosin, 100-fache Vergrößerung).
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Abb. 6 Algorithmus für die Diagnose und Therapie der hypertrophen Kardiomyopathie.
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Abb. 7 EKG mit Anzeichen einer linksventrikulären Hypertrophie und deutlich negativen T-Wellen in den Ableitungen V4–V6.
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Abb. 8 Transthorakale Echokardiografie, apikale Projektion. Linksventrikuläre Hypertrophie, das verlängerte vordere Segel der Mitralklappe, das in der Systole eine subaortale Obstruktion verursacht.
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Abb. 9 PW-Doppler-Untersuchung des transmitralen Flusses. Abnahme der E-Welle, längere Relaxationszeit der E-Welle, Zunahme der A-Welle.
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Abb. 10 CW-Doppler-Untersuchung mit Flussbeschleunigung im linksventrikulären Ausflusstrakt mit einer maximalen Geschwindigkeit von etwa 4 m/s. Die Doppler-Kurve hat eine typische Form mit Beschleunigung in der 2. Hälfte der Systole, wodurch sie sich von der Flusskurve bei Aortenstenose unterscheidet.
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Abb. 11 PW-Doppler-Untersuchung des Pulmonalvenenflusses. Die Größenordnungen der S- und D-Wellen sind bei normalen Füllungsdrücken ähnlich.
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Abb. 12 Gewebe-Doppler-Untersuchung der Mitralanulusbewegung bei hypertropher Kardiomyopathie. Das Ausmaß der E-Welle nimmt mit zunehmendem Füllungsdruck ab.
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Abb. 13 Transthorakale Echokardiografie. Das vordere Segel der Mitralklappe ist redundant und erzeugt das Bild eines Kleeblatts.
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Abb. 14 Transthorakale Echokardiografie. Signifikante linksventrikuläre Hypertrophie mit subaortaler Obstruktion, die in der Farb-Doppler-Echokardiografie eine deutliche Turbulenz im linksventrikulären Ausflusstrakt erzeugt. Typisch ist eine leichte Mitralinsuffizienz zur Hinterwand des linken Vorhofs hin (Pfeil).
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Abb. 15 Magnetresonanztomografie des Herzens mit auffälligen hellen Herden mit später Sättigung im Septum (Pfeile).
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Abb. 16 Gleichzeitige Messung des linksventrikulären und des Aortendrucks bei einem Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM). Der Peak-to-Peak-Gradient schwankt um 50 mmHg. Er variiert mit der Atmung und auch mit der Länge der Diastole in jedem Herzzyklus.
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Abb. 17 Transthorakale Echokardiografie. Patientin nach Alkohol-Septum-Ablation (Pfeil zeigt auf die Narbe des basalen Segments des Septums) mit anschließender vollständiger Beseitigung der Obstruktion.
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Abb. 18 Patient nach Alkohol-Septum-Ablation bei HOCM, Implantation eines Linksvorhofverschlusses, Aortenklappenimplantation und MitraClip-Implantation.
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Abb. 19 Zustand nach Myektomie mit Erweiterung des linksventrikulären Ausflusstrakts (Pfeil).