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DOI: 10.1055/a-2381-4802
Welche Substanz zur chirurgischen Hautdesinfektion?
Skin Antisepsis before Surgical Fixation of Extremity Fractures.
N Engl J Med 2024;
390: 409-420
DOI: 10.1056/NEJMoa2307679
Die Chirurgische Hautdesinfektion stellt einen wichtigen Teil eines jeden Maßnahmenbündels zur Prävention postoperativer Wundinfektionen („surgical site infections“, SSI) dar. Die Frage der optimalen Substanz oder Substanzkombination bleibt dabei Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion.
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In einer cluster-randomisierten Crossover-Studie an 25 Krankenhäusern in den Vereinigten Staaten und Kanada wurden die Krankenhäuser nach dem Zufallsprinzip der Verwendung einer 0,7%igen Jod-Povacrylex-Lösung in 74%igem Isopropylalkohol (Jod-Gruppe) oder 2% Chlorhexidin-Gluconat in 70%igem Isopropylalkohol (Chlorhexidin-Gruppe) zur chirurgischen Hautdesinfektion zur Versorgung von Extremitätenfrakturen zugeteilt. Alle 2 Monate wechselten die Krankenhäuser die Gruppe. Patienten mit offenen oder geschlossenen Frakturen wurden als Subgruppen in der Analyse bewertet. Das primäre Ergebnis waren oberflächliche postoperative Wundinfektionen („surgical site infections“, SSI) innerhalb von 30 Tagen oder tiefe SSI bzw. Organrauminfektionen innerhalb von 90 Tagen. Der sekundäre Endpunkt waren ungeplante Reoperationen aufgrund von Komplikationen bei der Frakturheilung innerhalb eines Jahres.
In der Population mit offenen Frakturen wurde ein Grundrisiko von 12,5% für eine Infektion auf der Grundlage von Daten aus der Fluid Lavage of Open Wounds (FLOW)-Studie angenommen und für die Poweranalyse verwendet, sodass die Rekrutierung von 6280 Patienten mit einer geschlossenen Fraktur eine Aussagekraft von 80% zum Nachweis einer Differenz von 36% mit einem zweiseitigen Alpha-Niveau von 5% hätte.
Ergebnisse
Es wurden 20.937 erwachsene Patienten nach ihrer Einlieferung in ein teilnehmendes Krankenhaus während des Studienzeitraums gescreent und insgesamt 6785 Patienten mit einer geschlossenen Fraktur und 1700 Patienten mit einer offenen Fraktur in die Studie aufgenommen. Die demografische Zusammensetzung der Gruppen war vergleichbar.
In der Gruppe mit geschlossenen Frakturen wurde die zugewiesene Hautdesinfektionstechnik bei 3254 von 3360 Patienten (96,8%) in der Jod-Gruppe und bei 3411 von 3425 Patienten (99,6%) in der Chlorhexidin-Gruppe eingehalten. Ähnlich war es bei offenen Frakturen: Hier wurde die zugewiesene Hautantisepsis bei 816 von 854 Patienten (95,6%) in der in der Jod-Gruppe und bei 827 von 846 Patienten (97,8%) in der Chlorhexidin-Gruppe per Protokoll durchgeführt.
Bei den Patienten mit geschlossener Fraktur trat eine SSI bei 77 Patienten (2,4%) in der Jodgruppe und bei 108 Patienten (3,3%) in der Chlorhexidin-Gruppe auf (Odds Ratio, 0,74; 95%-Konfidenzintervall [KI], 0,55 bis 1,00; P=0,049). In der Gruppe der offenen Frakturen trat eine SSI bei 54 Patienten (6,5%) in der Jodgruppe und bei 60 Patienten (7,3%) in der Chlorhexidin-Gruppe auf (Odds Ratio, 0,86; 95%-KI, 0,58 bis 1,27; P=0,45). Die Häufigkeit von ungeplanten Reoperationen war in den beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Verwendung von Jod-Povacrylex in Alkohol zur chirurgischen Hautdesinfektion das Risiko einer SSI bei Patienten mit geschlossenen Frakturen reduzieren könnte, jedoch nicht bei offenen Frakturen.
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Prof. Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg
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Publication History
Article published online:
13 February 2025
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