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DOI: 10.1055/a-2367-5428
Stressulkus-Prophylaxe bei invasiv beatmeten Patienten
Stress Ulcer Prophylaxis during Invasive Mechanical Ventilation.
N Engl J Med 2024;
391: 9-20
DOI: 10.1056/NEJMoa2404245
Auf vielen Intensivstationen (ITS) gehört bei beatmeten Patienten die Gabe eines „Säureblockers“ zur Prophylaxe von Stressulzera im Magen-Darm-Trakt schon zur täglichen Routine. Meist wird dabei ein Protonenpumpeninhibitor eingesetzt, etwa Pantoprazol.
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Einige aktuelle Studien kamen allerdings zu dem Ergebnis, dass diese Maßnahme zwar die Häufigkeit von Magen-Darm-Blutungen vermindert, aber die Sterblichkeit unbeeinflusst lässt – bei Schwerstkranken könnte sie sogar erhöht sein. Cook und Kollegen haben nun in einer multizentrischen randomisierten Doppelblindstudie versucht, diesen Widerspruch aufzuklären.
Die Arbeitsgruppe nahm zwischen Juli 2019 und Oktober 2023 in 68 ITS weltweit mehr als 4800 erwachsene Patienten auf, die invasiv-maschinell beatmet wurden. Ausschlusskriterien umfassten eine Beatmungsdauer ≥ 72 h und/oder die mehr als einmalige Gabe eines Säurehemmers vor der Randomisierung. Die Kranken wurden im Verhältnis 1:1 nach dem Zufallsprinzip 1 von 2 Gruppen zugewiesen:
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Pantoprazol 40 mg i. v. in physiologischer Kochsalzlösung als Träger (Gruppe 1; n = 2385) über ≤ 90 Tage oder
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das gleiche Volumen an Placebo (Trägerlösung wie oben) (Gruppe 2; n = 2377) über den gleichen Zeitraum
Als primären Endpunkt untersuchten die Wissenschaftler das Auftreten klinisch relevanter Blutungen bis Tag 90 (sichtbare und hämodynamisch wirksame Blutungen, Blutungen mit Behandlungsbedarf, Blutungen, die ggf. eine Wiederverlegung auf die ITS notwendig machten). Sekundäre Endpunkte umfassten von den Patienten als bedeutsam wahrgenommene Blutungen (definiert etwa als Transfusion von Erythrozytenkonzentraten, Blutdruckabfall, erstmaliger Einsatz von Vasopressoren/Inotropika), Beatmungs-assoziierte Pneumonien, Clostridioides-difficile-Infektionen während des Klinikaufenthalts sowie die Einleitung einer Nierenersatztherapie. Als Sicherheitsendpunkt beurteilten sie die Gesamtsterblichkeit bis Tag 90.
Die Auswertung zeigte zu Beginn in beiden Gruppen ähnliche demografische und klinische Daten (medianes Alter 58 Jahre, mittlerer Acute Physiology And Chronic Health Evaluation [APACHE II] Score knapp 22, 36,3% Frauen). Gut 2 Drittel aller Patienten erhielten Vasopressoren oder Inotropika (70,3%); gut jeder 20 benötigten eine Nierenersatztherapie (6,4%). Pantoprazol (bzw. Placebo) wurde im Median 5 Tage lang verabreicht.
Bei den 4762 auswertbaren Patienten ergaben sich im Hinblick auf den primären Endpunkt
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25 relevante obere gastrointestinale Blutungen in Gruppe 1 (1,0%) vs.
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84 solcher Blutungen in Gruppe 2 (3,5%),
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das entspricht einer Hazard Ratio von 0,30 zugunsten der aktiven Behandlung.
Subgruppenanalysen, etwa nach Säureblockade bereits vor Klinikaufnahme (ja/nein) APACHE-II-Score (≥ 25 vs. < 25) oder internistische versus chirurgische Indikation für die Verlegung auf ITS, bestätigten im Wesentlichen die Ergebnisse der Hauptanalyse.
Für die Patienten bedeutsame Blutungen traten in Gruppe 1 seltener auf als in Gruppe; die sonstigen sekundären Endpunkte zeigen keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen.
Die Gesamtsterblichkeit bis Tag 90 betrug (anhand der verfügbaren Daten)
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29,1% in Gruppe 1 (696 von 2390 Patienten) und
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30,9% in Gruppe 2 (734 von 2379 Patienten),
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entsprechend keinem signifikanten Unterschied.
Nach diesen Daten reduziert die routinemäßige Gabe von Pantoprazol bei invasiv beatmeten Patienten zwar die Häufigkeit relevanter obere gastrointestinaler Blutungen, fassen die Autoren zusammen. Die Sterblichkeit beeinflusst sie dagegen nicht, auch nicht bei den am schwersten Erkrankten (gemäß APACHE II-Score.
Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim
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Article published online:
05 March 2025
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