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DOI: 10.1055/a-2018-5590
Thrombozytenaggregationshemmung
Vor und nach PCI oder koronarer Revaskularisation- Koronare Herzerkrankung
- Akute Stentthrombose und In-Stent-Restenose durch überschießendes Neointimawachstum
- Thrombozytenaggregationshemmung nach PCI
- Thrombozytenaggregationshemmung nach chirurgischer Koronarrevaskularisation
- Kombinationsmöglichkeiten und Dauer der dualen Thrombozytenaggregationshemmung
- Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation
- Mechanische Herzklappen
- Ausblick
- Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
- Literatur
Die Revaskularisation bei einer koronaren Herzerkrankung mittels perkutaner koronarer Intervention (PCI) kann bei koronarer Herzkrankheit die Lebensqualität und Prognose verbessern. Die verschiedenen Präparate, Kombinationsmöglichkeiten und Dauer der Thrombozytenaggregationshemmung verlangen dabei eine fundierte Abwägung. Folgend wird der aktuelle Stand der Wissenschaft inklusive der neuen Leitlinie zum akuten Koronarsyndrom 2024 dargestellt.
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Schlüsselwörter
Revaskularisation - Thrombozytenaggregationshemmung - koronare Herzerkrankung - koronarer Intervention - PCI - Koronarsyndrom - akut - chronischKoronare Herzerkrankung
Die koronare Herzerkrankung (KHK) ist eine Volkskrankheit und insbesondere in westlichen Industrienationen nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen [1]. Aufgrund des demografischen Wandels ist eher von einer Zu- als einer Abnahme dieser Erkrankung auszugehen. Die bekannten Risikofaktoren führen meist in der 2. Lebenshälfte zu ersten Symptomen, entweder in Form eines akuten Myokardinfarktes oder als Angina pectoris beim chronischen Koronarsyndrom (CCS). Trotz Fortschritten in der Prävention der Erkrankung nehmen einige bekannte Risikofaktoren wieder zu, so z. B. der Anteil an jugendlichen Rauchern. In welchem Ausmaß die E-Zigaretten, sog. Vapes, Einfluss auf die Entstehung der koronaren Herzerkrankung haben werden, ist allerdings noch nicht geklärt.
Da die KHK als chronisch verlaufende entzündliche Erkrankung der Koronararterien verstanden wird und auch durch instabile Phasen des akzelerierten Krankheitsgeschehens charakterisiert ist, unterscheidet man das akute Koronarsyndrom (ACS: Acute Coronary Syndrome) von dem chronischen Koronarsyndrom (CCS: Chronic Coronary Syndrome). Das CCS beinhaltet neben der KHK auch andere Pathologien wie z. B. Muskelbrücken, Koronaraneurysmata oder eine endotheliale Dysfunktion. Bei der Behandlung greifen die medikamentöse und interventionelle Therapie ineinander. Beim akuten Koronarsyndrom konnte durch die flächendeckende Einführung der akuten Koronarangiografie (24/7) eine Reduktion der Mortalität dieses Krankheitsbildes erreicht werden [2]. Patienten, die im Rahmen eines chronischen Koronarsyndroms unter Angina-pectoris-Beschwerden leiden, profitieren in Form einer Symptomlinderung von der interventionellen Versorgung ihrer hämodynamisch relevanten Stenosen [3]. Durch Implantation von Stents in die Koronararterien ist für einen begrenzten Zeitraum eine Kontaktaktivierung von Thrombozyten an den Stentstreben möglich, was unweigerlich zu einer akuten Stentthrombose führen würde, wenn nicht eine medikamentöse Thrombozytenaggregationshemmung, in der Regel als Kombination aus 2 Präparaten, gestartet wird. Die minimale Zeit, in der bei optimaler technischer Stentimplantation (d. h. optimales Anliegen der Stentstreben an der Gefäßwand) eine Endothelialisierung des Stents erfolgt ist, wird mit ca. 4 Wochen angenommen [4]. Diese minimale Frist sollte keinesfalls unterschritten werden oder wenn zwingend notwendig in Rücksprache mit den behandelnden Kardiolog*innen. Nach der erfolgten Endothelialisierung kann in Abwägung der Risikofaktoren und der stattgehabten PCI auf eine einfache Thrombozytenhemmung, meist mit Acetylsalicylsäure (ASS), reduziert werden. Hierbei ist die Abwägung des individuellen Blutungs- und Ischämierisikos wichtig sowie die Kombination der Thrombozytenaggregationshemmung und der empfohlenen Therapiedauer. Zusätzlich muss in einigen Fällen die Notwendigkeit einer Antikoagulation (z. B. bei Vorhofflimmern) berücksichtigt werden. Im Folgenden soll noch einmal kurz auf die Entwicklung der perkutanen koronaren Intervention (PCI), Grundlagen der Thrombusentstehung und die Pathomechanismen der ebenfalls möglichen Restenose nach Stentbehandlung eingegangen werden. Ein Verständnis hiervon ist eine gute Grundlage, um die antithrombotischen Therapieschemata besser zu verstehen.
Die antithrombotische Therapie ist der übergeordnete Begriff für therapeutische Eingriffe in das zelluläre (die Thrombozyten) und/oder das plasmatische Gerinnungssystem. Der Begriff der Antikoagulation ist somit für die Gerinnungsfaktorhemmung zu benutzen und nicht, wie oftmals irreführenderweise im klinischen Alltag verwendet, für die antithrombozytäre Therapie.
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Akute Stentthrombose und In-Stent-Restenose durch überschießendes Neointimawachstum
Historische Herleitung
Die Entwicklung von der ersten Angioplastie einer Beinarterie in den 1960er Jahren bis zu den modernen, hochkomplexen Koronareingriffen war nur dank vieler technischer Innovationen möglich. Zunächst nur als „Plain Old Balloon Angioplasty POBA“ durchgeführt, verwendete man ab Mitte der 1980er Jahre unbeschichtete Metall-Stents (BMS: Bare Metal Stents). Diese sollten das abrupte Verschließen des Gefäßes nach POBA verhindern. Kurzfristig gelang das, jedoch kam es in bis zu 30% der Fälle zu einer In-Stent-Restenose (ISR), vor allem bedingt durch eine Intimahyperplasie [5]. Neben der Idee der Implantation von radioaktiven Stents wurde in den 1990er-Jahren an Stentbeschichtungen mit antiproliferativen Medikamenten wissenschaftlich gearbeitet. Anfang des Jahrtausends standen die ersten medikamentenbeschichteten Stents (DES: Drug Eluting Stents) zum klinischen Einsatz zur Verfügung. Die 2. Generation an DES verwendet Sirolimus, Zotarolimus oder Everolimus. Diese Substanzen sind mTOR-Inhibitoren und werden auch bei manchen Krebsarten und als Immunsuppressiva nach Transplantation verwendet. Durch die Verwendung von DES konnten die angiografische Restenoserate und ischämiebedingte Revaskularisation um 40–70% im Vergleich zu BMS reduziert werden [6]. Trotzdem besteht auch noch Jahre nach Stentimplantation ein geringes Restenosierungsrisiko, das sich auch in Form eines akuten Koronarsyndroms manifestieren kann.
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Thrombusentstehung
Die Blutgerinnung ist wichtig für die Integrität des Blutkreislaufes, der einem hohen Druck standhalten muss. Während das Endothel des Gefäßes die Thrombusentstehung verhindert, liegen in der subendothelialen extrazellulären Matrix potente Gerinnungsaktivatoren. Sobald diese durch eine Gefäßverletzung mit dem Blutstrom in Kontakt geraten, formt sich ein Thrombus. Das in der extrazellulären Matrix reichlich vorhandene Kollagen spielt eine wichtige Rolle. Mittels verschiedener Glykoproteine haften die Thrombozyten aus dem Blutstrom heraus an das exponierte Kollagen. Der Von-Willebrand-Faktor ermöglicht hierbei die Verbindung von extrazellulärer Matrix und Thrombozyten. Die so aktivierten Thrombozyten können mithilfe von ADP, Serotonin und Thromboxan-A2 das Gerinnungssignal verstärken und andere Thrombozyten rekrutieren. Subendotheliale Zellen sezernieren ebenfalls den sog. Gewebefaktor (Tissue Factor oder Faktor-III). Dieses Protein ist ein potenter Aktivator der plasmatischen Gerinnung und führt über den Faktor-X zu einer Thrombin- und Fibrinaktivierung. Fibrin verstärkt den entstandenen Thrombus durch eine Quervernetzung der aktivierten Thrombozyten.
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In-Stent-Restenose
Die Restenosierung eines implantierten Stents kann durch 2 verschiedene Pathomechanismen geschehen. Eine Hyperplasie der Neointima im Stent entsteht meist in den ersten 12 Monaten nach PCI. Diese Neointima wird durch eingewanderte glatte Muskelzellen und Endothelzellen gebildet und bedeckt die kollagenreiche Extrazellulärmatrix. Die Neoarteriosklerose hingegen entsteht durch lipidreiche Makrophagen in der Neointima. Bildet sich ein nekrotischer Kern, entsteht eine instabile Plaque, die im Falle einer Ruptur zu einem vollständigen Stentverschluss führen kann. Interessanterweise ist der Anteil der Neoarteriosklerose höher bei DES als bei BMS. Histopathologische Studien konnten nachweisen, dass die Endothelialisierung bei DES verzögert stattfindet und teilweise inkomplett ist [4]. Das Endothel bildet jedoch eine wichtige Cholesterinbarriere. Da ein BMS früher und vollständiger endothelialisiert, kommt es zu einer geringeren Rate an Neoarteriosklerose. Die fehlende antiproliferative Beschichtung der BMS begünstigt jedoch die Hyperplasie der Neointima und steigert die Restenosierungsrate erheblich.
Die Wahrscheinlichkeit für eine In-Stent-Restenose steigt mit dem Patientenalter, bei Diabetes mellitus, weiblichem Geschlecht, chronischer Nierenfunktionseinschränkung und Übergewicht.
Weitere klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren wie arterieller Hypertonus, Dyslipidämie und Nikotinkonsum begünstigen ebenfalls eine Restenosierung implantierter Stents. Schließlich tragen auch prozedurale Faktoren zu einer Restenosierung bei. Besonders zu erwähnen sind hier die Stentfraktur, Stentlücken und eine Unterexpansion des Stents durch eine schwere Verkalkung [7]. Durch die Verwendung von intravaskulärer Bildgebung (IVUS: intravaskulärer Ultraschall oder OCT: optische Kohärenztomografie) kann der Stent optimal an die durch das Gefäß vorgegebenen Gegebenheiten angepasst werden. Anschließend kommt es auf eine optimale medikamentöse, insbesondere antithrombotische Therapie an. Welche Kriterien zu einer In-Stent-Thrombose gehören, gibt [Tab. 1] wieder.
Klassifikation |
Kriterien |
definitive Stentthrombose |
angiografischer Nachweis einer Stentthrombose |
aus dem Stent herausragender Thrombus oder 5 mm proximal oder distal des Stents auftretender Thrombus oder in einem aus dem Stent herausragenden Seitast mit mind. 1 der folgenden Kriterien:
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pathologischer Nachweis einer Stentthrombose |
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Nachweis eines Thrombus im Stent in der Autopsie oder Gewebsuntersuchung von Material aus einer Thrombektomie |
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mögliche Stentthrombose |
jeglicher Myokardinfarkt nach der Indexprozedur mit nachgewiesener Ischämie im Versorgungsgebiet des implantierten Stents ohne angiografische Bestätigung |
stiller Stentverschluss |
zufälliger angiografischer Nachweis eines Stentverschlusses ohne klinische Zeichen oder Symptome → dies wird nicht als Stentthrombose klassifiziert |
Abstand zur Stentimplantation |
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akut |
0–24 Stunden |
subakut |
24 Stunden bis 30 Tage |
spät |
30 Tage bis 1 Jahr |
sehr spät |
> 1 Jahr |
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Thrombozytenaggregationshemmung nach PCI
Acetylsalicylsäure
Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung hemmt die Cyclooxygenase-1. In den Thrombozyten führt dies zu einer reduzierten Synthese von Thromboxan-A2 und dadurch zu einer geringeren Thrombozytenaktivierung über den Thromboxanrezeptor der Thrombozyten. Da es sich dabei um eine irreversible Hemmung der Cyclooxygenase-1 (COX1) handelt, sind die Thrombozyten für die restliche Zeit ihrer 8–12-tägigen Zirkulation im Körper gehemmt.
Falls ein Patient eine Allergie oder Unverträglichkeit gegen Aspirin angibt, kann dies die Behandlungsqualität einschränken, da ASS ein Grundpfeiler in der Behandlung der KHK ist.
Bei einer ASS-Hypersensitivität kann es zu einer Verschlechterung eines vorbestehenden Asthmas, einer Urtikaria und sogar einer Anaphylaxie kommen, dies ist jedoch sehr selten. Durch den Klasseneffekt aller nicht steroidalen Antiphlogistika kann die Inhibition von COX1 zu einer Reduktion der Synthese von Prostaglandin-E2 führen, welches die Freisetzung von Histamin aus Mastzellen reduziert. Insbesondere Patienten mit vorbekanntem Asthma können eine aspirinexazerbierte Atemwegserkrankung (AERD: Aspirin-exacerbated Respiratory Disease) entwickeln. Eine allergische Reaktion auf nur ein NSAIR, z. B. auf ASS, spricht für eine IgE-vermittelte Reaktion. Bei einem chronischen Koronarsyndrom und geplanter PTCA kann zuvor eine Aspirin-Desensibilisierung durchgeführt werden. Bei einem akuten Koronarsyndrom hingegen ist das durch den Zeitdruck nicht möglich. Hier geben die Leitlinien keine Alternative zur dualen Thrombozytenaggregation vor. Denkbar wäre neben einem konservativen Vorgehen mit Clopidogrelmonotherapie (dies ist als die schlechtere Alternative anzusehen) eine rasche Desensibilisierung vor Implantation eines DES. Hierfür existieren etablierte Protokolle in der Literatur [9]. In der klinischen Praxis sollte eine Stentimplantation niemals ohne eine duale Thrombozytenaggregationshemmung erfolgen, auch wenn eine der beiden Substanzen nur periinterventionell verabreicht wird. Auch mit den modernen DES der 3. Generation ist das Risiko einer akuten Stentthrombose bei der Verwendung einer einzigen Substanz zur Thrombozytenaggregationshemmung (abgesehen von der kurzfristigen Gabe von GPIIIb/IIIa-Inhibitoren, die den letzten Schritt der Thrombozytenaggregation hemmen und damit theoretisch keine Thrombozytenaggregation zulassen) nicht kalkulierbar.
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P2Y12-Inhibitoren
Die Wirkstoffe Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor und Cangrelor sind ADP-Rezeptor-Antagonisten und hemmen dadurch die Thrombozytenfunktion. Zielstruktur ist der P2Y12-ADP-Rezeptor und daher werden sie häufig auch als P2Y12-Inhibitoren bezeichnet. Clopidogrel und Prasugrel gelangen als Prodrug in den Körper und werden erst durch die Metabolisierung aktiviert. Es handelt sich bei beiden Präparaten um Thienopyridine, die irreversibel an den P2Y12-ADP-Rezeptor binden.
Die Umwandlung von Clopidogrel zu dem aktiven Metaboliten benötigt das Enzym CYP2C19. Durch eine Loss-of-Function-Mutation gibt es Patienten, die nur bedingt von einer Behandlung mit Clopidogrel profitieren. Diese Besonderheit existiert, wie so viele andere genetische Erkrankungen auch, in einer homozygoten und einer heterozygoten Form. Dementsprechend hat Clopidogrel eine eingeschränkte Aktivität bei Patienten mit heterozygoter Mutation und kann von Patienten mit homozygotem Defektallel gar nicht in die aktive Form umgewandelt werden. Am häufigsten sind Patienten aus Ostasien und Ozeanien betroffen. In England empfiehlt das National Institute for Health and Care Excellence (NICE), bei Schlaganfallpatienten eine genetische Testung vor Beginn einer Clopidogreltherapie durchzuführen. Bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko kann die Deeskalation von Ticagrelor/Prasugrel auf Clopidogrel erwogen werden. In diesem Fall kann eine CYP2C19-Genotypisierung hilfreich sein, um kein erhöhtes thrombotisches Risiko in Kauf zu nehmen. Patienten, die über eine gesteigerte CYP2C19-Aktivität verfügen, nennt man „Ultra-rapid“ Metabolizer. In diesem Fall führt die gesteigerte Menge an aktiviertem Clopidogrel zu Blutungskomplikationen.
Ticagrelor hingegen wird nicht metabolisiert und bindet kompetitiv an den Rezeptor. Dennoch dauert es etwa 5 Tage, bis sich die Thrombozytenfunktion nach Absetzen von Ticagrelor erholt hat. Die Gabe von Ticagrelor erfolgt 2-mal täglich, dies kann die Patientencompliance im Vergleich zu einer einmaligen Einnahme reduzieren. Ein Vorteil von Ticagrelor neben der potenten Thrombozytenaggregationshemmung ist die Verfügbarkeit als Schmelztablette. Dies erleichtert es bei einigen Patienten in liegender Position im Herzkatheterlabor die Thrombozytenaggregationshemmung als oral verfügbares Medikament zu verabreichen.
Zur Blutungsprophylaxe bei dualer Plättchenhemmung mit Clopidogrel und Omeprazol sollte beachtet werden, dass es sich bei Omeprazol um einen CYP2C19-Inhibitor handelt. Möglicherweise kann die Metabolisierung von Clopidogrel beeinträchtigt werden. Pantoprazol ist als Alternative ohne CYP2C19-Interaktion zu erwägen. Weitere CYP2C19-Inhibitoren sind Fluconazol, Voriconazol und Fluoxetin.
Bei Cangrelor handelt es sich ebenfalls um einen direkten P2Y12-ADP-Antagonisten mit einem kompetitiven Bindungsmechanismus. Cangrelor wird intravenös appliziert, die thrombozytenhemmende Wirkung tritt innerhalb von 2–3 Minuten ein. Nach Beendigung der kontinuierlichen intravenösen Infusion von Cangrelor ist die Thrombozytenfunktion innerhalb 1 Stunde wiederhergestellt. Die Möglichkeit der intravenösen Applikation ist besonders bei kritisch kranken und beatmeten Patienten hilfreich. Anschließend kann dann z. B. auf der Intensivstation das Umstellen auf einen oralen verfügbaren P2Y12-Inhibitor über eine Magensonde nachgeholt werden.
Prasugrel sollte innerhalb von 10 Minuten nach dem Mörsern verabreicht werden. Gleichermaßen sollte gemörsertes Clopidogrel wegen der Lichtempfindlichkeit des Wirkstoffs rasch appliziert werden. Ticagrelor kann als Schmelztablette gegeben werden oder sollte über eine großlumige Magensonde (Charriere ≥ 8) verabreicht werden.
Patienten, die an HIV erkrankt sind, werden mit einer antiretroviralen Therapie (ART) behandelt. Teil dieser Medikation kann ein CYP3A4-Hemmer (z. B. Ritonavir) sein, um den therapeutischen Erfolg zu steigern. CYP3A4 ist ebenfalls an der Aktivierung von Clopidogrel und Metabolisierung von Ticagrelor beteiligt. Bei Clopidogrel kann dies zu einer schlechteren Thrombozytenaggregationshemmung führen. Bei Ticagrelor führt der eingeschränkte CYP3A4-abhängige Abbau jedoch zu einem gesteigerten Blutungsrisiko. In diesem Fall wäre Prasugrel als ADP-Rezeptor-Antagonist zu wählen. Die Interaktionen können online mittels Drug Interaction Checker geprüft werden (https://www.hiv-druginteractions.org/checker).
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GPIIb-IIIa-Inhibitor
Eine weitere Möglichkeit, die Thrombozytenfunktion sehr effektiv und unmittelbar zu hemmen, besteht in der Blockierung des Fibrinogenrezeptors der Thrombozyten (GPIIb/IIIa). Hierdurch wird der letzte Schritt der der Thrombozytenaggregation, nämlich die Bindung an Fibrinogen, blockiert. Somit kann unter der Therapie mit einem GPIIb/IIIa-Rezeptorblocker auch keine effektive Hämostase stattfinden. Die Substanzklasse der GPIIb/IIIa-Inhibitoren ist nur parenteral verfügbar und findet nur periinterventionell und in einem kurzen darauffolgenden Zeitraum klinische Anwendung. Eine hohe Thrombuslast oder ein hohes Risiko für thrombotische Komplikationen kann den Kardiologen dazu bewegen, bei einem Patienten mit akutem Koronarsyndrom einen GPIIb/IIIa-Rezeptorblocker einzusetzen. Es gibt insgesamt 3 Substanzen in dieser Medikamentengruppe: die irreversibel bindenden Antikörper Abciximab sowie die beiden kompetitiven GPIIb/IIIa-Rezeptorblocker Eptifibatid und Tirofiban. Die beiden letzteren erlauben eine bessere Steuerung der Therapie, weil die Funktion des GPIIb/IIIa-Rezeptors innerhalb von 4 Stunden nach Abstellen der intravenösen Infusion wiederhergestellt ist. Bei Verwendung von Abciximab ist die vollständige Erholung der Thrombozytenfunktion erst nach der Lebensspanne der damit behandelten Thrombozyten gegeben.
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Antikoagulation
Als Antikoagulation wird, wie schon oben erwähnt, die Hemmung der plasmatischen Gerinnung bezeichnet. Eine Antikoagulation ist demnach keine Thrombozytenaggregationshemmung. Im klinischen Alltag sind beide Arten der Gerinnungshemmung jedoch öfters notwendig, diese Therapieform wird als duale antithrombotische Therapie (DAT) bezeichnet. Im Folgenden wird kurz auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Antikoagulation eingegangen. Heparin kann intravenös als unfraktioniertes Heparin (UFH) oder subkutan als niedermolekulares Heparin (LWMH: Low Molecular Weight Heparin) verabreicht werden. Die Bindung an Antithrombin führt zu einer potenten Hemmung von Thrombin und Faktor-Xa. Weitere parenteral zu applizierende Antikoagulanzien sind die direkten Thrombininhibitoren Bivalirudin oder Argatroban; sie können im Fall einer heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT) verwendet werden. Die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK, vormals neue orale Antikoagulanzien NOAK), sind mittlerweile weit verbreitet und für die wichtigen Indikationen nicht valvuläres Vorhofflimmern und Thrombose/Lungenembolie zugelassen. Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban sind direkte Faktor-Xa-Inhibitoren. Dabigatran hemmt den Faktor-IIa (Thrombin). Die Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon, Warfarin) werden noch bei mechanischen Herzklappen und selten auch bei terminaler Niereninsuffizienz (wobei hier keine Zulassung vorliegt) zur Antikoagulation eingesetzt.
Individuelle Dosierungsunterschiede und die Notwendigkeit einer regelmäßigen laborchemischen Gerinnungskontrolle gelten als Nachteil der Vitamin-K-Antagonisten.
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Thrombozytenaggregationshemmung nach chirurgischer Koronarrevaskularisation
Zeigt sich in der Koronarangiografie ein sehr schwerer Befund, z. B. eine koronare Dreigefäßerkrankung oder eine Hauptstammbeteiligung mit hohem SYTNAX-Score, dann folgt, je nach Abwägung des individuellen Operationsrisikos und unter Berücksichtigung des Patientenwillens, eine Bypassoperation (ACVB: aortokoronare Venen-Bypassoperation). Erfolgt die Bypassoperation im Rahmen eines chronischen Koronarsyndroms, kann ASS in der üblichen Dosierung perioperativ fortgeführt werden. Eine duale Plättchenhemmung nach der erfolgreichen Operation ist in der Regel nicht erforderlich, kann jedoch bei hohem ischämischem Risiko erwogen werden. Erfolgt die Bypassoperation im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms, ist eine duale Thrombozytenaggregationshemmung für 12 Monate nach dem Ereignis indiziert. Im Falle einer elektiven Herzoperation sollten Ticagrelor und Clopidogrel für 5 Tage und Prasugrel für 7 Tage pausiert werden.
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Kombinationsmöglichkeiten und Dauer der dualen Thrombozytenaggregationshemmung
NSTEMI und Liegetrauma
Herr M. wird durch den Rettungsdienst im Krankenhaus vorgestellt. Die Nachbarn hatten den 78-Jährigen über einen längeren Zeitraum nicht mehr gesehen und aus der Wohnung war ein Klopfen zu vernehmen. Die Feuerwehr öffnete die Tür und fand den Patienten auf dem Boden liegend vor. Herr M. war wach und ansprechbar, jedoch von multiplen Hämatomen bedeckt und pflegerisch in einem verwahrlosten Zustand. Der Patient kann nicht berichten, wie lange er auf dem Bogen gelegen hat. Die Vitalparameter waren bis auf eine milde Hypothermie (Körpertemperatur im Ohr 34,6 °C) unauffällig. Der Patient verspürt zum Zeitpunkt der Vorstellung weder Brustschmerzen noch Dyspnoe. Im EKG finden sich jedoch deutliche ST-Senkungen in den Ableitungen I und aVL bei einem Sinusrhythmus. Der Troponinwert ist mit 1,210 ng/ml (Referenzwert < 0,014) deutlich erhöht. Die CK- und CK-MB liegen in der Norm. Echokardiografisch zeigt sich eine mittelgradig reduzierte LVEF (35% nach Simpson) sowie deutliche Hypo- bis Akinesien im Bereich der Hinterwand. Bei dem Patienten wird zeitnah eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt ([Abb. 1]). Hier zeigt sich eine subtotale RCA-Stenose, die mittels Implantation eines Drug Eluting Stents behandelt wird. Im Herzkatheterlabor erfolgt das Loading mittels ASS und Prasugrel.


In den folgenden Tagen nach der Intervention zeigte sich ein Abfall des Hämoglobinwertes von 14,2 auf 10,3 g/dl. Zudem berichtete der Patient von schwarzem Stuhlgang. Unter der Verdachtsdiagnose einer GI-Blutung wurde eine Gastroskopie und Koloskopie durchgeführt ([Abb. 2]).


In der Koloskopie fand sich eine Blutung aus einem Divertikel, die aufwendig mit mehreren Hämoclips zum Stillstand gebracht werden konnte. Der Patient war während der Untersuchung und in der Zeit danach hämodynamisch stabil und konnte auf der Normalstation weiter behandelt werden. Da die Stentimplantation erst vor wenigen Tagen erfolgt ist und im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms durchgeführt wurde, fiel die Entscheidung, die duale Thrombozytenaggregationshemmung fortzuführen. Um das Blutungsrisiko jedoch zu reduzieren, wurde eine Step-down-Strategie hinsichtlich der P2Y12-Hemmer beschlossen und es erfolgte ein Wechsel von Prasugrel auf Clopidogrel. Der Patient konnte wenige Tage später in eine akutgeriatrische Rehabilitation weiterverlegt werden.
Akutes Koronarsyndrom
Der Grundbaustein der antithrombotischen Therapie des ACS ist Acetylsalicylsäure (ASS) 150–300 mg p. o. oder 75–250 mg i. v., falls die orale Aufnahme nicht möglich ist. In der Regel erfolgt diese Therapie bereits präklinisch im Rettungsdienst, gefolgt von einer Dauertherapie mit ASS 100 mg/Tag. Von einer routinemäßigen präklinischen Gabe eines P2Y12-Inhibitors bei Nicht-ST-Hebungsinfarkt und geplanter PCI rät die aktuelle europäische Leitlinie zum akuten Koronarsyndrom 2023 ab (Klasse-III-Empfehlung) [10]. Die Leitlinie lässt jedoch die Möglichkeit offen, im Einzelfall vor geplanter PCI eine Behandlung mit P2Y12-Inhibitor zu beginnen (Klasse-IIB). Das sog. Pre-Treatment, also die Gabe eines P2Y12-Inhibitors zeitgleich mit ASS, wurde bislang in 3 Studien untersucht. Die ACCOAST-Studie untersuchte 2013 ca. 4000 Patienten mit NSTEMI, die bereits vor der PCI Prasugrel erhielten. Die Patienten profitierten nicht hinsichtlich der Major Cardiovascular Events (MACE) und hatten ein erhöhtes Blutungsrisiko. Die ATLANTIC-Studie untersuchte die Ticagrelorgabe, welche bereits durch den Rettungsdienst bei ca. 1860 STEMI-Patienten erfolgte. Es zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Daten hinsichtlich MACE. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch die DUBIUS-Studie mit Ticagrelor an Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Viele Rettungsdienste führen jedoch keine P2Y12-Inhibitoren auf ihren Rettungsmitteln mit, und vor diesem Hintergrund bleibt einem die Entscheidung im außerklinischen Einsatz erspart. Eine meist passagere Antikoagulation mittels Heparin wird durch den Rettungsdienst im Rahmen der antithrombotischen Behandlung (Gabe von ASS und Heparin, in der Umgangssprache häufiger auch als Loading bezeichnet) begonnen. Besteht keine Indikation zur Antikoagulation aufgrund von Begleiterkrankungen, wird die Antikoagulation nur periinterventionell durchgeführt. Eine Fortführung der dualen antithrombozytären Therapie (DAPT: Dual Antiplatelet Therapy) ist nach einem ACS jedoch obligat. Die Kombinationsmöglichkeiten und die Dauer werden im Folgenden beschrieben.
Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) zur Diagnostik und Therapie des ACS empfehlen die stärker wirksamen P2Y12-Inhibitoren Ticagrelor und Prasugrel.
Clopidogrel sollte nur im Fall der Nichtverfügbarkeit von oder Kontraindikation gegen Ticagrelor und Prasugrel beim akuten Koronarsyndrom verwendet werden. Die Substanzauswahl wird unter Beachtung des individuellen Risikos für ischämische und Blutungskomplikationen durchgeführt. Bei einer ebenfalls bestehenden Indikation für eine orale Antikoagulation (wie z. B. bei Vorhofflimmern) sollte, um das Blutungsrisiko zu senken, Clopidogrel gewählt werden. Zur genaueren Einschätzung der Prognose und des Blutungsrisikos können Risiko-Scores verwendet werden (z. B. PRECISE-DAPT, DAPT-Score und CRUSADE Score).
Bei der Triple-Therapie (DAPT und Antikoagulation) sollte aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos nicht mit Prasugrel oder Ticagrelor kombiniert werden.
Um einen möglichst schnellen Eintritt der Thrombozytenaggregationshemmung beim ACS zu erreichen, ist eine „Loading Dose“ der P2Y12-Inhibitoren notwendig. Die „Loading Dose“ für Clopidogrel ist 600 mg, für Ticagrelor beträgt sie 180 mg und für Prasugrel 60 mg. Die Dauertherapie bei ACS wird für 12 Monate empfohlen. Die dafür notwendige Tagesdosis beträgt bei Clopidogrel 75 mg/Tag, bei Ticagrelor 2 × 90 mg/Tag und bei Prasugrel 10 mg/Tag (bei Patienten, die < 60 kg wiegen oder ≥ 75 Jahre alt sind, wird bei Prasugrel eine Reduktion auf 5 mg/Tag empfohlen). Bei einer Entscheidung zu einer interventionellen Therapie des ACS sollte die Gabe von P2Y12-Inhibitoren zum Zeitpunkt der Koronarintervention (nach Darstellung der Koronararterien) erfolgen. Wenn eine primär konservative Therapie des ACS gewählt wird, sollten nach den aktuellen Leitlinien in Abhängigkeit des individuellen Blutungsrisikos die P2Y12-Inhibitoren Ticagrelor oder Clopidogrel zum Einsatz kommen. Die Standarddauer der DAPT beträgt 12 Monate.
Verkürzte DAPT
Liegt ein erhöhtes Blutungsrisiko vor, kann eine Abwägung von Ischämierisiko und Blutungsrisiko erfolgen und eine verkürzte DAPT verordnet werden. Zur Vereinfachung unterscheiden die ESC-ACS-Leitlinien zwischen niedrigem, hohen und sehr hohem Blutungsrisiko ([Tab. 2]).
Dabei wird die DAPT generell mit Clopidogrel bei Patienten mit hohem und sehr hohem Blutungsrisiko empfohlen. Bei Patienten mit niedrigem Blutungsrisiko sollte bei einem ACS Prasugrel oder Ticagrelor zum Einsatz kommen.
Aufgrund der für „Drug Eluting Stents“ (DES) vorliegenden Studiendaten, insbesondere bei Patienten mit chronischem Koronarsyndrom, die eine auf 1 Monat begrenzte DAPT ohne signifikante Zunahme akuter ischämischer Ereignisse zeigen, erscheint die minimal mögliche DAPT im Extremfall 1 Monat zu sein. Hieraus leitet sich die Empfehlung von einer DAPT von nur 1 Monat bei ACS-Patienten mit sehr hohem Blutungsrisiko ab (Klasse-IIb-Empfehlung). Die Leitlinie zum akuten Koronarsyndrom der ESC aus dem Jahr 2023 lässt dem Behandler die Wahl, ob nach dem 1. Monat eine Monotherapie mit ASS oder P2Y12-Inhibitor fortgeführt wird. Im klinischen Alltag ist diese Empfehlung insbesondere für das Vorgehen bei Patienten mit rezidivierenden gastrointestinalen Blutungen unter DAPT oder Patienten mit dringlich anstehenden operativen Eingriffen aufgrund von Tumorerkrankungen hilfreich. In den Studien, auf deren Grundlage diese Empfehlung entstand, wurden STEMI-Patienten jedoch entweder ausgeschlossen oder sind unterrepräsentiert. Daher ist bei STEMI-Patienten die Entscheidung zu einer 1-monatigen DAPT heikel und sollte gut begründet sein. Aufgrund der Komplexität von modernen interventionellen Koronareingriffen ist eine Absprache mit den interventionellen Kardiologen, die den Eingriff vorgenommen haben, vor einer Entscheidung zum Absetzen der DAPT nach 1 Monat zu empfehlen.
Bei einem hohen Blutungsrisiko wird eine DAPT von 3 Monaten, gefolgt von einer Dauertherapie mit ASS, als ausreichend angesehen.
Bei niedrigem Blutungsrisiko ist der Regelfall eine DAPT für 12 Monate mit Prasugrel oder Ticagrelor. Aufgrund der Datenlage aus der TWILLIGHT-Studie eröffnen die aktuellen ESC-ACS-Leitlinien auch die Möglichkeit einer verkürzten DAPT von 3 Monaten, gefolgt von einer Monotherapie mit Ticagrelor anstelle von ASS. In der Empfehlungsstärke wird jedoch mit einer Klasse-I-Empfehlung der DAPT für 12 Monate hier klar der Vorzug gegeben [10] [11].
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Deeskalation der DAPT
Indem man von den potenten P2Y12-Inhibitoren Ticagrelor und Prasugrel auf Clopidogrel umstellt, kann ebenfalls das Blutungsrisiko reduziert werden. In der TROPICAL-ACS-Studie, welche die Leitlinienempfehlung mitbegründet, wurden die Patienten jedoch nach einer Deeskalation von Prasugrel auf Clopidogrel einem Thrombozytenfunktionstest unterzogen und je nach Ergebnis wieder auf Prasugrel eingestellt. Da dies im klinischen Alltag nicht so durchgeführt wird, ist das ischämische Risiko nach Umstellung im Alltag wohl höher als in der Studie angegeben. Neben dem Blutungsrisiko gibt es weitere Gründe für eine Umstellung des P2Y12-Inhibitors, z. B. Dyspnoe bei Ticagrelor. Durch die Umstellung kommt es zu einem erhöhten Risiko für ischämische Ereignisse, und daher sollte beim ACS die Umstellung nicht in den ersten 30 Tagen nach dem Indexereignis erfolgen.
Die reduzierte Prasugrel-Dosis mit 5 mg pro Tag gilt für Patienten, die ein Körpergewicht von < 60 kg haben oder älter als 75 Jahre sind. Die HOST-REDUCE-POLYTECH-ACS-Studie hat jedoch Patienten mit einem Alter < 75 Jahren und ACS mit niedrigem Risiko zu Prasugrel 5 oder 10 mg pro Tag randomisiert. Die Reduktion führte zu weniger Blutungen ohne Zunahme von ischämischen Ereignissen [12]. Dabei handelte es sich jedoch um eine ostasiatische Patientenpopulation und die ACS-Leitlinie der ESC leitet hieraus keine Handlungsempfehlung ab.
Bei der Deeskalation von Ticagrelor auf Clopidogrel sollte 24 Stunden nach der letzten Ticagreloreinnahme eine erneute „Loading Dose“ mit 600 mg Clopidogrel gegeben werden. 30 Tage nach dem Indexereignis kann die Deeskalation von Prasugrel auf Clopidogrel ggf. auch mit 75 mg Clopidogrel statt 600 mg Clopidogrel erfolgen. Auch hier sollte ein Abstand von 24 Stunden zu der letzten Prasugreleinnahme eingehalten werden [13].
Die bekannte „Loading Dose“ von Prasugrel und Clopidogrel sollte unmittelbar nach Beendigung der Cangrelorinfusion gegeben werden. Ticagrelor sollte idealerweise schon zu Beginn der Cangrelorinfusion appliziert werden, kann jedoch auch noch kurz nach Beendigung der Infusion nachgereicht werden [13].
Majorkriterium |
Minorkriterium |
Hb = Hämoglobinkonzentration; PCI = perkutane koronare Intervention |
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Alter > 75 Jahre |
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vermutlich dauerhafte Antikoagulation |
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terminale Niereninsuffizienz (eGFR < 30 ml/min) |
moderate Nierenfunktionseinschränkung (eGFR 30–59 ml/min) |
Hb < 11 g/dl |
Mann Hb 11–12,9 g/dl, Frau Hb 11–11,9 g/dl |
spontanes Blutungsereignis in den letzten 6 Monaten oder wiederholt auftretend |
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Thrombozyten < 100×109/l |
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chronische Blutungserkrankung |
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Leberzirrhose mit portaler Hypertension |
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Einnahme von Steroiden oder nicht rheumatoiden Antiphlogistika |
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aktive Krebserkrankung |
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intrakranielle Blutung, intrakranielle Gefäßanomalie oder ischämischer Schlaganfall in den letzten 6 Monaten |
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dringliche Operation mit dualer Plättchenhemmung |
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große Operation oder großes Trauma 30 Tage vor PCI |
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Verlängerte DAPT
Sobald Patienten ein erhöhtes Risiko für ein erneutes kardiovaskuläres Ereignis haben, sollte die Verlängerung der antithrombotischen Therapie in Betracht gezogen werden. Für welche Patienten dies gilt, wird von der ESC durch [Tab. 3] veranschaulicht.
hohes thrombotisches Risiko (Klasse IIa) |
moderates thrombotisches Risiko (Klasse IIb) |
KHK = koronare Herzerkrankung; pAVK = periphere arterielle Verschlusskrankheit |
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komplizierte koronare Herzerkrankung und mind. 1 der folgenden Kriterien |
unkomplizierte koronare Herzerkrankung und mind. 1 der folgenden Kriterien |
Risikoverstärker |
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technische Aspekte |
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Zur genauen Ermittlung des kardiovaskulären Risikos kann der SCORE2-Wert berechnet werden. Eine Möglichkeit für eine verlängerte kombinierte antithrombotische Therapie besteht darin, die duale Thrombozytenaggregationshemmung fortzuführen. Nach einem blutungsfreien Jahr kann dann Aspirin mit Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor fortgeführt werden. Das Supplementary Data zur ACS-Leitlinie gibt dafür folgende Number Needed to Treat (NNT) und Number Needed to Harm (NNH) an ([Tab. 4]).
NNT (verhinderte thrombotische Ereignisse) |
NNH (Blutungsereignisse) |
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* Clopidogrel und Prasugrel: DAPT Trial; ** Ticagrelor: PEGASUS – TIMI 54 Trial |
||
Clopidogrel* |
63 |
105 |
Prasugrel* |
63 |
105 |
Ticagrelor** |
84 |
81 |
Ein Jahr nach dem Indexereignis kann ebenfalls von einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung auf eine Kombination von Aspirin und Rivaroxaban 2 × 2,5 mg umgestellt werden. Die ACS-Leitlinie 2023 gibt hierfür eine Klasse-IIa- bzw. IIb-Empfehlung.
Die letzte Möglichkeit einer intensiveren antithrombotischen Therapie besteht darin, die Thrombozyten mittels einer P2Y12-Inhibitor-Monotherapie über 12 Monate hinaus zu hemmen. Auch dies ist eine Klasse-IIb-Empfehlung in der entsprechenden Leitlinie.
Falls Ticagrelor für einen über 12 Monate hinausgehenden Zeitraum und in Kombination mit Aspirin verordnet wird, sollte die tägliche Dosis mit 60 mg gewählt werden.
Behandlung mit Protonenpumpeninhibitoren
Bei folgenden Patienten kann das Blutungsrisiko reduziert werden:
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Alter ≥ 65 Jahre
-
dyspeptische Beschwerden
-
Refluxerkrankung
-
Helicobacter-pylori-Erkrankung
-
chronischer Alkoholkonsum
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Chronisches Koronarsyndrom
Klassischerweise erfolgt die antithrombozytäre Therapie des chronischen Koronarsyndroms (CSS) mittels Acetylsalicylsäure (Aspirin, ASS) als Monotherapie.
Eine höhere Dosierung als die in Deutschland verwendeten 100 mg reduziert nicht das ischämische Risiko und erhöht das Blutungsrisiko.
Es existieren mittlerweile viele Studien, die einen Vorteil hinsichtlich ischämischer Endpunkte einer P2Y12-Inhibitor-Monotherapie (mit Clopidogrel oder Ticagrelor) bei geringerem Blutungsrisiko im Vergleich zu ASS nachweisen konnten [14]. Hilfreich könnte dies z. B. bei Patientinnen mit nachgewiesener ASS-Intoleranz sein. Allerdings gilt es bei der Behandlung zu beachten, dass Patienten mit träger CYP-Metabolisierung von Clopidogrel nur schlecht vor thrombotischen Ereignissen geschützt sind.
Wird im Rahmen des CCS ein Stent implantiert, erfolgt in der Regel eine duale Thrombozytenaggregationshemmung für 6 Monate. Die neue Leitlinie zum chronischen Koronarsyndrom 2024 benutzt die Wortwahl „bis zu 6 Monate“ [15]. Dadurch wird deutlich, dass die Entscheidung über die Dauer der Thrombozytenaggregationshemmung in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung unter der Abwägung von Ischämie- und Blutungsrisiko ist (s. u., [Tab. 2] u. [Tab. 3]). Clopidogrel sollte im Regelfall als Kombinationspartner zu ASS gewählt werden. Falls ein hohes ischämisches Risiko vorliegt (komplexe Hauptstammintervention, Bifurkationsstenting mit 2 Stents, suboptimale Stententfaltung, vorhergehende Stentthrombose oder bekannter CYP2C19-Polymorphismus), kann auch die Kombination mit Prasugrel oder Ticagrelor erwogen werden. Im Falle eines erhöhten Blutungsrisikos kann, wie bei dem akuten Koronarsyndrom schon diskutiert, die minimale Dauer der DAPT 1 Monat betragen. Dies entspricht beim CCS einer Klasse-I-Empfehlung. Bei nicht erhöhtem Blutungsrisiko und auch nicht erhöhtem ischämischem Risiko kann ebenfalls eine verkürzte DAPT erwogen werden, bspw. um eine dringliche OP zu ermöglichen (Klasse IIb). Die eben genannte Leitlinie empfiehlt weiterhin die Verwendung von Score-Systemen (z. B. PRECISE-DAPT-Score) zur Einschätzung des Blutungsrisikos. Im klinischen Alltag entsteht jedoch der Eindruck, dass die individuelle Patientenbetrachtung, inkl. aller Komorbiditäten und des sozioökonomischen Umfeldes (z. B. Beruf), ebenfalls berücksichtigt werden sollte.
Die verlängerte DAPT über 12 Monate hinaus wird analog zu der Leitlinie zum akuten Koronarsyndrom beim chronischen Koronarsyndrom ebenfalls als Klasse-IIa-Empfehlung eingeordnet [15]. Gleiches gilt für die Behandlung mit Rivaroxaban in vaskulärer Dosis (2 × 2,5 mg). Frühestens 1 Monat nach Stentimplantation kann eine Monotherapie mit Clopidogrel (Klasse I) oder nach 6 Monaten mit Ticagrelor (Klasse IIb) erfolgen.
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Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation
In vielen Fällen ist eine Kombination aus DAPT und oraler Antikoagulation notwendig. Jeder 5. Patient, der einen Stent erhält, hat ebenfalls eine Indikation zur Behandlung mit einem DOAK. Mit dem weitverbreiteten Einsatz von DOAKs stellte sich die Frage, welche Kombination aus Antikoagulation und Thrombozytenhemmung mit dem höchsten Schutz vor thrombotischen Ereignissen bei günstigstem Sicherheitsprofil einhergeht. 2015 wurden 2100 Teilnehmer in die PIONEER-AF-PCI-Studie eingeschlossen. Verglichen wurden 3 Studienarme, unter denen der Studienarm mit 15 mg Rivaroxaban und 75 mg Clopidogrel zu geringeren Blutungskomplikationen, im Vergleich zur Triple-Therapie (VKA + Clopidogrel + ASS), führte. Die Ergebnisse weisen auf einen vergleichbaren Effekt hinsichtlich der Vermeidung von thrombotischen Komplikationen hin, die Autoren bezeichnen ihre Studie in dieser Hinsicht jedoch selbst als „underpowered“ [16]. Es folgte eine ähnlich große Studie mit 2700 Teilnehmern in der RE-DUAL-PCI-Studie. Dabei wurde Dabigatran in 2 Dosierungen (2 × 110 mg und 2 × 150 mg jeweils mit P2Y12-Inhibitor) mit der Triple-Therapie (VKA + Clopidogrel + ASS) verglichen. Als primärer Outcome-Parameter wurde ebenfalls die Blutungsrate untersucht. Die niedrigste Blutungsrate mit 15,4% zeigte sich unter 2 × 110 mg Dabigatran, verglichen mit 20,2% bei 2 × 150 mg Dabigatran und 26,9% in der Triple-Therapie-Gruppe. Die Autoren der Studien attestieren ebenfalls eine Nichtunterlegenheit der Dabigatran-Studienarme bei thrombembolischen Ereignissen [17]. Ein ähnliches Studiendesign mit 2 Armen wurde in der ENTRUST-AF-PCI-Studie gewählt. Die Teilnehmer wurden entweder mit Edoxaban 60 mg in Kombination mit P2Y12-Inhibitor oder der Triple-Therapie (VKA + Clopidogrel + ASS) behandelt. Die duale antithrombotische Therapie mit Edoxaban und P2Y12-Inhibitor zeigte eine Blutungsrate von 17% gegenüber 20% mit der Triple-Therapie. Die Kriterien für eine Nichtunterlegenheit im Hinblick auf Blutungskomplikationen, im Vergleich zur Triple-Therapie, waren erfüllt ohne Hinweis auf Unterschiede hinsichtlich des ischämischen Risikos [18].
In den oben genannten Studien wurden zum Teil DOAK-Dosierungen verwendet, die unter der Dosis der Zulassungsstudien zur Schlaganfallprophylaxe bei nicht valvulärem Vorhofflimmern lag. Es blieb unklar, ob die Reduktion von Blutungskomplikationen durch die reduzierte DOAK-Dosierung oder durch die Monotherapie mit einem P2Y12-Inhibitor ohne ASS hervorgerufen wurde. Dieser Fragestellung widmete sich die AUGUSTUS-Studie, die ein 2 × 2-faktorielles Studiendesign verwendete. Dabei wurden für die ersten 6 Monate nach ACS oder elektiver PCI entweder Apixaban, P2Y12-Inhibitor mit oder ohne ASS und ein Vitamin-K-Antagonist, P2Y12-Inhibitor mit oder ohne ASS verglichen. Es zeigte sich, dass der Verzicht auf ASS zu einem größeren Teil zur Blutungsreduktion beiträgt als die Umstellung von VKA auf Apixaban. Unter Apixaban war allerdings auch im Fall der Triple-Therapie eine deutlich niedrigere Rate an Blutungskomplikationen zu beobachten, im Vergleich zur Triple-Therapie mit einem Vitamin-K-Antagonisten. Dies begründet u. a. die Empfehlung der ESC, den DOAKs insgesamt bei der Kombination von oraler Antikoagulation mit Thrombozytenaggregation den Vorzug zu geben [15]. Insgesamt zeigte sich der höchste Anteil an Blutungskomplikationen unter Triple-Therapie (18,7%) und der geringste Anteil unter Apixaban, P2Y12-Inhibitor und Placebo, also ohne ASS (7,3%) [19].
In der Praxis hat sich bewährt, diese Patienten im Herzkatheterlabor mit ASS und Clopidogrel zu „loaden“. Für die Dauer des Krankenhausaufenthaltes wird dann eine Triple-Therapie mit DOAK, ASS und Clopidogrel durchgeführt.
Bei Entlassung wird ASS abgesetzt. Standardmäßig wird nach 12 Monaten nur noch eine DOAK-Monotherapie durchgeführt. Wiederum nach Abwägung von ischämischem und Blutungsrisiko kann sowohl im akuten Koronarsyndrom als auch beim chronischen Koronarsyndrom eine verkürzte antithrombotische Therapie (DOAK und Clopidogrel) von 6 Monaten durchgeführt werden.
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Mechanische Herzklappen
Sobald bei einem Patienten eine mechanische Herzklappe eingesetzt wurde, besteht für diesen Patienten eine Indikation für eine lebenslange Antikoagulation. Im Gegensatz zum Vorhofflimmern oder anderen Fällen der Antikoagulationsindikation, kann hier nicht auf direkte orale Antikoagulanzien ausgewichen werden. Die Antikoagulation erfolgt mittels Vitamin-K-Antagonisten (VKA), in Deutschland meist Phenprocoumon (Marcumar). Der Zielwert des INR (oder Quick-Wert) richtet sich nach Typ der Klappe und der Position, in der diese eingesetzt wurde. Es gibt keine randomisierten Studien, die sich mit dem Thema Vitamin-K-Antagonisten und DAPT bei mechanischer Herzklappe befassen. Meist werden die Patienten in der Vorbereitung der PCI auf den unteren INR-Grenzwert eingestellt und falls möglich wird ein radialer Gefäßzugang gewählt. Unmittelbar vor der Stentimplantation – präferiert wird hier ein Drug Eluting Stent der 2. oder 3. Generation – erfolgt das Loading mit ASS und Clopidogrel in den Standarddosierungen. Die Triple-Therapie wird nicht über den Implantationstag hinausgeführt, sondern es folgt die Kombination aus Marcumar und Clopidogrel. Bei dem chronischen Koronarsyndrom kann nach 4 Wochen auf eine Monotherapie mit Marcumar umgestellt werden, wobei auch hier die Standardtherapiedauer 6 Monate sind. Bei niedrigem Blutungsrisiko kann dann auch eine Kombinationstherapie mit ASS fortgeführt werden. Protonenpumpeninhibitoren (z. B. Pantoprazol) können zur Blutungsprophylaxe eingesetzt werden.
Im Fall eines akuten Koronarsyndroms sollte eine Kombinationstherapie über 12 Monate durchgeführt werden.
Im Fall eines STEMI wird die Therapie mit VKA und Clopidogrel empfohlen und bei NSTEMI mit niedrigem ischämischen Risiko VKA und ASS. Sollte ein femoraler Zugang nötig sein und der INR liegt < 2, ist ein Bridging mit Heparin (unfraktioniertes Heparin oder niedrigmolekulares Heparin) notwendig [20].
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Ausblick
Die Entwicklung von weiteren Thrombozytenfunktionshemmern schreitet weiter voran und abschließend soll ein kurzer Einblick in die laufenden Studien geworfen werden. Eine Phase-III-Studie untersucht aktuell den P2Y12-Inhibitor Selatogrel. Die Studie, mit dem Namen SOS-AMI, randomisiert Patienten nach einem Typ-1-Myokardinfarkt mit erhöhtem ischämischem Risiko zu einer Selbstinjektion mit Placebo oder Selatogrel bei erneuten thorakalen Beschwerden (EudraCT Number 2020–000983–41). Die Patienten werden beim Screening in der Anwendung geschult und im Follow-up regelmäßig telefonisch kontaktiert. Die Studie wird mit einem kombinierten primären Endpunkt, bestehend aus Tod, Infarkt mit hämodynamischer Instabilität, STEMI, NSTEMI sowie Blutungsereignisse nach Selbstinjektion, ausgewertet. Im Herbst 2024 sind ungefähr die Hälfte der 14000 Patienten eingeschlossen.
Die schon beschriebene heterogene Verstoffwechselung von Clopidogrel, bedingt durch CYP-2C19-Polymorphismen, führte zu der Entwicklung von Vicagrel. Diese Substanz wurde sowohl an gesunden Probanden als auch an Patienten mit KHK untersucht. Eine CYP-Enzym-unabhängige Metabolisierung konnte bei einem mit Clopidogrel vergleichbaren Sicherheitsprofil nachgewiesen werden. Die Vermeidung von ischämischen Ereignissen wurde bislang noch nicht untersucht. Die in China geplante Studie mit dem Titel Efficacy and Safety Study of Vicagrel in Patients With Acute Coronary Syndrome (ACS) Undergoing Percutaneous Coronary Intervention (PCI) Clinical Trials.gov ID NCT06577519 vergleicht die Sicherheit und Effektivität von Vicagrel im Vergleich zu Clopidogrel bei ACS Patienten. Der Studienabschluss ist für das Jahr 2026 geplant.
Die Anwendung der GPIIb-IIIa-Inhibitoren während oder nach PCI, wurde bereits im Artikel beschrieben. Aktuell wird in der CeleBrate-Studie (https://clinicaltrials.gov/ ID NCT04825743) ein neuer GPIIb-IIIa-Inhibitor untersucht, der subkutan in der präklinischen Phase bei STEMI-Patienten gegeben wird. Zalunfiban unterscheidet sich von den bisher benutzten GPIIb-IIIa-Inhibitoren im Bindungsverhalten am Glykoprotein-IIIa-Rezeptor, und die Entwickler erhoffen sich hierdurch weniger Thrombozytopenien und weniger Blutungsereignisse. Die Studie soll laut https://clinicaltrials.gov/ noch im Jahr 2024 abgeschlossen werden.
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Die Dauer und Kombinationsmöglichkeiten der antithrombotischen Therapie sind vielfältig und sollte immer in Abwägung von ischämischem Risiko und Blutungsrisiko erfolgen.
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Der Entscheidungskorridor für den Behandler ist vorgegeben durch das Setting der Präsentation (ACS, CCS), Aspekte der Intervention und Komorbiditäten des Patienten.
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Die initiale antithrombotische Therapie des akuten Koronarsyndroms besteht aus ASS (meist 300 mg p. o. oder 250 mg i. v.) und Heparin (5000 IE i. v.). Die Behandlung mit P2Y12-Inhibitoren erfolgt, sobald der Koronarstatus in einer Herzkatheteruntersuchung erhoben ist.
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Bei einer Indikation für eine orale Antikoagulation sollte eine Kombinationstherapie aus DOAK, ASS und P2Y12-Inhibitor der Triple-Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten vorgezogen werden. Die Dauer der Therapie sollte in der Regel auf eine Woche bzw. bis zur Krankenhausentlassung begrenzt werden, um das Blutungsrisiko zu senken.
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Eine intensivierte antithrombotische Therapie, durch die Kombination von ASS mit dem niedrigdosierten Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban (vaskuläre Dosis 2 × 2,5 mg/Tag), wird als duale antithrombotische Therapie (DAT), zur Sekundärprävention beim chronischen Koronarsyndrom, insbesondere für Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko empfohlen. Als Alternative kann auch eine verlängerte DAPT erwogen werden.
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Die antithrombotische Therapie ist ein Überbegriff und umfasst die antithrombozytäre Therapie und die orale Antikoagulation. Letztere hemmt plasmatische Gerinnungsfaktoren ohne eine direkte Wirkung auf die Thrombozytenaggregation.
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Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. Jan-Patrick Liedtke, Köln.
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Dr. Jan-Patrick Liedtke-Wosnitza
Dr. Liedtke-Wosnitza begann seine internistische Laufbahn im Klinikum Leverkusen. Anästhesiologische Erfahrung sammelte er in der Uniklink Köln und schloss seine kardiologische Facharztausbildung 2024 im Krankenhaus der Augustinerinnen in Köln ab. Seit Februar 2024 arbeitet er als Funktionsoberarzt in der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin, Cellitinnen-Severinsklösterchen, Krankenhaus der Augustinerinnen in Köln.


Prof. Dr. med. Ingo Ahrens
Direktor der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin am Cellitinnen-Severinsklösterchen, Krankenhaus der Augustinerinnen in Köln. Bis 2017 Oberarzt und Stellvertreter des Direktors am Universitätsherzzentrum Freiburg und Bad Krozingen, sowie als Senior-post doc am Baker IDI Heart and Diabetes Institute in Melbourne, Australien (2006--2009). Bis 2018 Leitung einer translationalen Forschungsgruppe zu Thromboyzten, Inflammation und Atherosklerose. Der klinische Fokus seiner Forschungsarbeit ist das akute Koronarsyndrom und die Entwicklung neuer antithrombotischer Therapien. Nukleusmitglied der Studiengruppe Akute Lungenembolie der Acute CardioVascular Care Association (ACVC) der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC). Aktuell Präsident der ACVC der ESC (2024--2026), sowie stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe Kardiovaskuläre Intensiv- und Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Editor für das European Heart Journal Acute Cardiovascular Care.


Interessenkonflikt
Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit
erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein;
Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht‐Sponsor
der Veranstaltung): ja; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner,
Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Publication History
Article published online:
13 March 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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